Öffentlich-private Partnerschaften: A7-Privatisierung vor dem Aus
Die umstrittene Öffentlich-Private Partnerschaft kommt wohl nicht: Vor dem Regierungswechsel zu Rot-Grün will Niedersachsen die Ausschreibung nicht starten.
BERLIN taz | Die Ausschreibung zur Teilprivatisierung eines Abschnitts der Autobahn A 7 in Niedersachsen ist vorerst gestoppt. Das berichtete der niedersächsische SPD-Abgeordnete Ronald Schminke unter Berufung auf den noch amtierenden niedersächsischen Verkehrsminister Jörg Bode (FDP).
Schminke zeigte sich erfreut, dass es zu keiner Ausschreibung kommt, weil diese in jedem Fall für das Land Niedersachsen mit hohen Kosten verbunden wäre: Bei derartigen Ausschreibungen werden nämlich Entschädigungsansprüche festgelegt; die unterlegenen Bieterkonsortien hätten Ausgleichszahlungen von rund 600.000 Euro erhalten.
Die geplante Öffentlich-Private Partnerschaft (ÖPP) für Sanierung und Ausbau der A 7 war zuvor vom Rechnungshof kritisiert worden. Das Bundesverkehrsministerium tritt allerdings weiter vehement für eine ÖPP-Variante ein. Die taz hatte Anfang Januar über Manipulationen bei den geheimen Wirtschaftlichkeitsberechnungen des ÖPP-Projekts berichtet: Berater des Bundesverkehrsministeriums hatten Zahlen so verändert, dass die ÖPP-Variante plötzlich um 29 Millionen Euro günstiger erschien als eine konventionelle Umsetzung. Die SPD-Bundestagsfraktion hatte daraufhin den Stopp des Vorhabens gefordert.
Regierungswechsel bremst ÖPP aus
Durch den Regierungswechsel in Niedersachsen, das künftig von SPD und Grünen regiert wird, sinken nun die Chancen für eine Öffentlich-Private Partnerschaft bei der A 7. Zusammen mit dem Grünen Enno Hagenah hatte der designierte Wirtschafts- und Verkehrsminister Olaf Lies (SPD) dem amtierenden FDP-Minister Bode einen Brief geschrieben. Darin hatten sie „im Sinne der politischen Fairness und zur Vermeidung unnötiger Kosten oder rechtlicher Auseinandersetzungen“ darum gebeten, „die Vorbereitungen zur Ausschreibung der Arbeiten an der A 7 im Rahmen eines ÖPP-Konzeptes im Sinne der zukünftigen Mehrheitsfraktion auszusetzen“.
Bode war bislang als strikter Befürworter des ÖPP-Projekts aufgetreten. Nach dem Brief, der der taz vorliegt, hatte er laut Schminke telefonisch zugesichert, die Ausschreibung auszusetzen. Damit steht das ganze Verfahren infrage. Schminke ist zuversichtlich: „Niedersachsen ist nun nicht mehr der willenlose Erfüllungsgehilfe des Bundes.“
Auch die Privatisierungsgegner des Bündnisses „Gemeingut in Bürgerhand“ begrüßten die Entwicklung. Wer sich für ÖPP einsetze, werden abgewählt, erklärte Sprecher Carl Waßmuth.
Spannend wird, wie der für die Autobahnen zuständige Bund auf die neue Situation reagiert. Der zuständige Staatssekretär im Bundesverkehrsministerium, Enak Ferlemann (CDU), hatte der taz Ende 2012 gesagt, wenn Niedersachsen eine linke Mehrheit bekomme, werde der Bund die Gelder drosseln. „Wenn die glauben, dass konventionell genauso schnell gebaut werden kann, werden die sich wundern, weil der Bund die Mittel gar nicht zuweisen wird.“ Ferlemann hatte betont: „Wenn die kein ÖPP machen, werden die lange Zeit auf einen Ausbau warten.“
Leser*innenkommentare
Jens
Gast
ÖPP ist nichts anderes als der Versuch der Finanzindustrie, ihre staatlich geretten Euros lukrativ und risikoarm anzulegen. Staatsanleihen bringens ja nicht mehr. Was könnte also besser sein, als in Infrastruktur zu investieren? Das sind sog.
natürliche Monopole -es gibt aus Kostengründen keine direkte Konkurrenz- also mit hohem Abgreiffaktor..Das ist -oder war- auch einer der Gründe, warum sich Infrastruktur in öffentlicher Hand befindet. Hoffentlich noch lange.
Karin Haertel
Gast
Die Strassen wurden vom Steuergeld der Buerger bezahlt, sind somit ihr"Eigentum" und koennen nicht einfach mal so ungefragt verhoekert werden. Schluss mit der Privatisierung von Burgereigentum. Unsere Regierungsmaffia kassiert horrende Kfz- und Mineraloel- Steuern und haben diese Steuern gefaelligst fuer deren Instandhaltung auszugeben und nicht in EU-Pleitelaender zu verschenken oder irgendwelche dubiosen Unternehmensrettungen zu veranlassen.
Peter
Gast
ÖPP ist nichts anderes als die Unfähigkeit der Politik zu decken.
Von wegen höheres Gehalt, Diäten für verantwortung- und leistungslose Politiker.
Ausserdem steht die Frage nach Reparationszahlung ausserhalb des Völkerrechts, ~60 Jahre, im Raum.
Warum wird ÖPP aus anderen, inkompatiblen Rechtsräumen finanziert? England, USA, geheime 2+4 Verträge?
Z.B. Die gesamte Trinkwasserversorgung deutschlands wurde seit dem 2WK permanent ausgebaut und innovativ verbessert.
Fiskalisch, Buchgeld vermutlich nur 1 Euro Wert, genau wie der gesamte Komplex Deutsche Post inkl. Immobilien, Patente u.a.
Wie Ratingagenturen setzen Politiker die Wertermittlung verkehrt an, Qualitätsmaßstäbe da teuer, sind gänzlich unbekannt.
Das rechtsgelehrte Bundessyndikat, die Mafia lernt auch.
Jörn
Gast
Wäre die Autobahn doch ganz privatisiert worden - dann hätte der Betreiber die Mautpreise frei festgelegt. Die AutofahrerInnen, die sich sonst so gerne als "Melkkühe der Nation" sehen, hätten dann gemerkt, was "marktgerechte Preise" wären - ein "Vergnügen", welches die Bahnkunden schon lange kennen.
Die geplante ÖPP war jedoch kein solches Privatiserungsmodell - es war nur ein verkappter Kredit zu überhöhten Zinsen. Der Bund hätte einen Schattenhaushalt mehr und auf Dauer deutlich höhere Kosten gehabt. Trotz "Ausschreibung" ist ÖPP nicht transparent. Die Verträge sind nicht öffentlich und Korruption die Regel.
Bei ÖPP sollte die Offenlegung aller Verträge gesetzlich vorgeschrieben werden.
lowandorder
Gast
Herr Erlemann dürfte als Staatssekretär doch aller
Wahrscheinlichkeit Jurist sein:
Im Strafgesetzbuch nennt man solch angedrohtes Verhalten: Nötigung oder gar Erpressung;
"Drohung mit einem empfindlichen Übel" - geht klar;
aber "rechtfertigende edle Motive"? bei einem wie Herrn Erlemann?(söchst du Wuust in Hunnenstall?)
- ja, da lacht doch der Kleingärtner und
selbst Herr Erlemann durch die Nase in die Kaffeetasse.
Öko Fritz
Gast
ÖPP = Sch...
"Unsere" Strassen sollten weiterhin der Allgemeinheit gehören!
Privatisieren bedeutet wie immer:
- Kosten und Risiken bei den Bürgern
- Gewinne bei Konzernen