Öffentlich-private Bredouille: Flensburger Campusbad pleite

Die Stadt leistete sich vor drei Jahren ein neues Schwimmbad. Das ging nur mit einer Finanzierung über eine Öffentliche-Private-Partnerschaft.

Groß, modern, aber vielleicht nicht mehr finanzierbar: das Campusbad in Flensburg. Bild: Marcus Dewanger

FLENSBURG taz | Es gibt mehr und längere Bahnen als früher, einen bisher nicht da gewesenen Spaßbad-Bereich und Wellness-Angebote: Als vor drei Jahren das neue Flensburger Hallenbad, das Campusbad, eröffnete war es nicht nur ein Ersatz für das alte, noch in den 60er-Jahren gebaute Schwimmzentrum in der Innenstadt.

Statt fünf 25-Meter-Bahnen gibt es nun acht 50-Meter-Bahnen. „Wir brauchen ein richtiges Sportbad“, hatte der damalige Bürgermeister Oberbürgermeister Klaus Tscheuschner gesagt. Schließlich sei Flensburg ein „Oberzentrum mit sehr aktiven Vereinen, unsere Universität betreibt die Sportlehrerausbildung für das ganze Land“.

Doch da gab es ein Problem: Die Stadt hat kaum Geld. „Hätten wir das Bad selbst gebaut, hätten wir uns Verschulden müssen“, sagt Clemens Teschendorf, Sprecher des heutigen Bürgermeisters. „Ich glaube, der Innenminister hätte gelacht.“

Doch mit einer Finanzierung über eine Bank – eine so genannte Öffentlich-Private-Partnerschaft (ÖPP) sollte das klappen. Der Deal war: Commerzreal, eine Tochter der Commerzbank finanziert den Bau, und garantiert den Betrieb für 25 Jahre – dafür zahlt die Stadt Flensburg in dieser Zeit jedes Jahr 1,3 Millionen Euro an die Bank, dazu kommen Zuschüsse für die Betriebskosten und für das Schul- und Vereinsschwimmen, jeweils etwa 100.000 Euro. Der Bau des Bades soll etwa 15 Millionen Euro gekostet haben.

Doch seit November gibt es ein Problem: Die Betreibergesellschaft ist in die Insolvenz gegangen. Jetzt kämpft die Stadt darum, den Badbetrieb aufrecht zu erhalten – und das möglichst ohne weitere Kosten. Es gibt eine Gruppe aus Kommunalpolitikern, Verwaltungsleuten und Experten, die wöchentlich tagen und einen Ausweg suchen.

Gleichzeitig läuft die Ursachensuche für die Insolvenz der Betreibergesellschaft. Klar ist: Die Betreibergesellschaft Aqua Vital konnte nicht genug Einnahmen erwirtschaften um zu überleben – die Eintrittspreise sind höher als beim alten Bad. Deren Geschäftsführer Wolfgang Tober wollte bei der Stadt erheblich höhere Zuschüsse für das Schul- und Vereinsschwimmen durchsetzen, worauf sich die Stadt nicht einließ.

Hat sich also Tober beim Betrieb des Bades verkalkuliert? Auch in Cottbus ging ein von ihm gemanagtes Bad 2009 in Insolvenz. Doch Tober ist nicht nur ein Badmanager, sondern auch ein Planer: Er war mit einer anderen Gesellschaft auch an dem Bau des Campusbad beteiligt, als Generalplaner.

Tober sagt, er habe alles getan, um die Aqua Vital zu retten. Im Gespräch mit der taz schiebt er die Schuld gen Stadt: „Man hat bei dem Projekt die wirtschaftlich riskanteste Variante gewählt.“ Schließlich könne man kann dort alle Sportwettbewerbe veranstalten außer die Olympischen Spiele.

Oder liegt das Problem doch im komplizierte Konstrukt des ÖPP-Projekts und den zum Teil kuriose Geldflüssen? Denn die Stadt Flensburg hat mit der Commerzreal einen Vertrag der Finanzierung und Betrieb regelt. Die Bank hat dafür die Projektgesellschaft Mabana gegründet, sie ist Eigner des Gebäudes. Die Aqua Vital ist nur der Betreiber des Bades.

Und auch die Baukosten stottert die Stadt nicht direkt bei der Commerzreal ab – die Bayrische Landesbank ist Gläubiger. Diese Bank zahlt 200.000 Euro aus den städtischen Zahlungen an die Mabana, an der die Commerzreal beteilt ist – als eine Gebühr für die Organisation des Betriebes. Dieses Geld landete nicht bei der Aqua Vital.

Erika Vollmer, Fraktionsvorsitzender der Wählergemeinschaft „Wir in Flensburg“, sieht das Problem eher beim Modell an sich: „Das ÖPP-Modell ist gescheitert.“ Sie sitzt in der Arbeitsgruppe, die jetzt über das weitere Vorgehen berät. Gleichzeitig sprechen Stadtvertreter mit den Beteiligten.

Vollmer ist unzufrieden mit dem Verlauf des gesamten Projekts, hat sich aber erst einmal Diplomatie verordnet, so lange die Gespräche noch laufen. „Mein Ziel ist jetzt, das Bad zu retten“, sagt sie. Ähnliche Töne schlägt auch Stadtsprecher Teschendorf an: „Wichtig für uns, ist es das Bad offen zu halten für die Bürger in Flensburg“.

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