Oberster Datenschützer rügt Regierung: Datenschutz nicht verbessert
Die Regierung wollte den Datenschutz verbessern. Bisher habe sie nur wenig getan, so Peter Schaar. Den Bürgern wird das Thema immer wichtiger.
BERLIN taz | Deutschlands oberster Datenschützer Peter Schaar hat die Bundesregierung am Dienstag deutlich kritisiert. Bei der Vorstellung seines aktuellen Tätigkeitsberichtes sagte Schaar, von den Verbesserungen zum Datenschutz, die Union und FDP in ihrem Koalitionsvertrag vereinbart hätten, seien nur wenige auf den Weg gebracht und keine umgesetzt worden.
Die Regierung hatte zu Beginn der Legislaturperiode beschlossen, gegen die Überwachung am Arbeitsplatz vorzugehen und eine Stiftung Datenschutz einzuführen. Außerdem hatte sie angekündigt, die seit dem 11. September 2001 drastisch verschärften Sicherheits- und Anti-Terror-Gesetze einer Überprüfung zu unterziehen.
Einen konkreten Gesetzentwurf gab es bislang aber nur beim Beschäftigtendatenschutz. Den Entwurf hatte die Regierung letztes Jahr vorgelegt, als Reaktion auf die Datenskandale bei Lidl, Bahn und Telekom. Der Bundesdatenschutzbeauftragte Schaar kritisierte an dem Entwurf, dass die heimliche Videoüberwachung zwar verboten, die offene Überwachung dafür aber ausgeweitet werden solle.
In anderen Bereichen seien die Ankündigungen der Regierung laut Schaar ganz auf der Strecke geblieben. So hatte Thomas de Maizière (CDU) in seiner Amtszeit als Innenminister angekündigt, ein "Rote-Linie-Gesetz" zum Datenschutz im Internet auszuarbeiten. Doch bei der Ankündigung sei es geblieben. Es liege nicht einmal ein diskussionsfähiger Entwurf vor. Wie es mit dem "Rote-Linie-Gesetz" unter de Maizières Nachfolger Hans-Peter Friedrich (CSU) stehe, sei unklar: "Ich weiß nicht einmal, ob das überhaupt noch verfolgt wird."
Wegen eines anderen Versäumnisses kämen laut Schaar Strafzahlungen in bis zu zweistelliger Millionenhöhe auf die Bundesrepublik zu: Der Europäische Gerichtshof hatte die Unabhängigkeit von Datenschutzaufsichtsbehörden verlangt. Die EU-Vorgaben seien aber in Deutschland nicht eingehalten worden.
Der Bevölkerung scheint die Gefahr, ausspioniert zu werden, indes immer bewusster zu werden: Die schriftlichen Anfragen von besorgten Bürgern bei Peter Schaar sind in den vergangenen beiden Jahren um die Hälfte gestiegen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Pelicot-Prozess und Rape Culture
Der Vergewaltiger sind wir
100 Jahre Verkehrsampeln
Wider das gängelnde Rot
++ Nachrichten zum Umsturz in Syrien ++
Baerbock warnt „Assads Folterknechte“
Trendvokabel 2024
Gelebte Demutkratie
Rechtsextreme Demo in Friedrichshain
Antifa, da geht noch was
Mord an UnitedHealthcare-CEO
Gewalt erzeugt Gewalt