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Oberbürgermeisterwahl in LeipzigGespaltene Stadt

Helke Ellersiek
Kommentar von Helke Ellersiek

Burkhard Jung von der SPD hat nur knapp gewonnen. Er muss nun dringend bei jenen linken Wählern liefern, die ihn zähneknirschend gewählt haben.

Knapper Verlierer/Sieger der OB-Wahl in Leipzig: Sebastian Gemkow (CDU) und Burkhard Jung (SPD) Foto: Hendrik Schmidt/dpa

D ie gute Nachricht: Das rote Leipzig ist nicht nach rechts gekippt. Mit seinem hauchdünnen Vorsprung von 1,5 Prozentpunkten hat SPD-Oberbürgermeister Burkhard Jung seinen Posten gegen seinen CDU-Gegenspieler Sebastian Gemkow verteidigen können. Das linke Wählerspektrum kann vorsichtig aufatmen, der Law-and-Order-Kurs des sächsischen Ex-Justizministers Gemkow ist abgewendet. Verwaltungschef bleibt ein Sozialdemokrat; das freut den mehrheitlich rot-rot-grünen Stadtrat. Das zum Positiven.

Die schlechte Nachricht: Leipzig ist zwar nicht gekippt, aber seit der OB-Wahl vor sieben Jahren nach rechts gerutscht. Kamen damals die Kandidaten des linken Spektrums noch auf rund 71 Prozent gegenüber 29 Prozent für die CDU, geht der Riss heute ziemlich genau durch die Mitte der Wähler­schaft: 49,1 Prozent für Jung stehen starke 47,6 Prozent für Sebastian Gemkow gegenüber.

Fast die Hälfte der Wähler hat einen Christdemokraten gewählt, der bei sinkender Kriminalität einen Angstwahlkampf betrieb, sich lieber von links abgrenzte als von rechts und für AfD-Wähler wählbar bleiben wollte. In Leipzig umfasst ein dicker schwarzer Ring an CDU wählenden Außenbezirken das rote Zentrum. Das linke Wählerspektrum ist geschwächt.

Jung mag die Wahl also gewonnen haben, aber politisch ist das Ergebnis kein Erfolg. Im ersten Wahlgang hatte er mit seinen linken und grünen Konkurrentinnen zusammen 15 Prozentpunkte Vorsprung vor den Stimmen für Gemkow und AfD. Dieses Potenzial konnte Jung trotz gestiegener Wahlbeteiligung nicht für sich gewinnen, obwohl seine linken Konkurrentinnen sich hinter ihn gestellt hatten.

Es gibt also linkes Wählerpotenzial in der Stadt, das lieber nicht wählt, als Jung zu wählen. Ihm wird übel genommen, dass Leipzigs Freiräume – zum Beispiel infolge steigender Mieten – verschwinden. Wenn Jung die Stadt nun einen will, muss er dringend bei jenen linken Wählern liefern, die ihn zähneknirschend gewählt haben – und dann auf den schwarzen Ring zugehen, ohne einen Gemkow zu kopieren. Die Zerreißprobe beginnt jetzt erst.

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Helke Ellersiek
freie Autorin in Leipzig
Helke Ellersiek, Jahrgang 1994, studiert Politikwissenschaft in Leipzig und schreibt seit 2015 für die taz, zunächst als NRW-Korrespondentin und später im Team der taz.Leipzig. Seit 2017 berichtet sie für verschiedene Medien aus Ostdeutschland.
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2 Kommentare

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  • Wenn Jung die Stadt einen soll, warum muß er ausgerechnet jenen linken Wählern liefern, die ihn eh nicht gewählt haben. Wie schon in Hamburg, und in Thüringen, links ist nichts zu holen, links hat keine Mehrheit.

    • @Werner S:

      Hast Du den Artikel auch gelesen? Da steht auch ganz deutlich: im ersten Wahlgang hatten die Kandidaten des "linken Spektrums" 15 Punkte mehr als CDU, FDP und AFD. Und der Stadtrat hat auch für die nächsten 4 Jahre noch eine rot-rot-grüne Mehrheit.