Obdachlosigkeit in Berlin: Besondere Belastung für Obdachlose

Es ist bereits die dritte Mahnwache vor dem Roten Rathaus. Die Forderungen bleiben gleich: leer stehende Räume zu öffnen

Bei eisigen Temperaturen auf der Straße: In der Pandemie unverständlich Foto: dpa

BERLIN taz | Etwa 30 Menschen drängen sich am Samstagabend vor dem Roten Rathaus in Berlin um eine große Feuertonne, während der Schneesturm an Intensität zunimmt. Einige Wachleute gucken gelangweilt von der Seite zu. Schließlich ist es bereits die dritte Mahnwache gegen Obdachlosigkeit, die am Freitagnachmittag begann und am Samstag endet. Der Wintereinbruch ist für Hannes, einen der jungen Männer, die über Nacht blieben, keine Überraschung. „Wir sind jede Nacht diesen Witterungsbedingungen ausgesetzt“, sagt er. Das war auch der Grund, warum vor drei Jahren eine kleine Gruppe um Nicole Lindner vom Wohnungsparlament in Gründung die Lange Nacht der Obdachlosigkeit initiierte.

„Es geht darum, die Sorgen und Nöte der Obdachlosigkeit in der Gesellschaft bekannter zu machen“, erklärt eine Mitorganisatorin, die ihren Namen nicht nennen will. In diesem Jahr ist der Kreis der Un­ter­s­tüt­ze­r*in­nen gewachsen. Dazu gehören Stadtteilinitiativen wie Bizim Kiez, die Initiative Leerstand Hab ich saath, die Initiative Stadt von Unten, das Armutsnetzwerk und das Wohnungslosenparlament in Gründung.

In diesem Jahr ist die besondere Belastung der Wohnungs- und Obdachlosen in Coronazeiten das vorrangige Thema bei der Langen Nacht der Obdachlosen: „Wir können nicht bis 2030 warten, bis die Obdachlosigkeit beendet werden soll. Jetzt ist die Pandemie, und wieder wurde nur improvisiert, um uns Menschen ohne Obdach über den Winter zu bringen“, so einer der Betroffenen.

Unter dem Motto „Bleib zu Hause – Gebt Zuhause“ wurde gefordert, dass die Obdachlosen in leer stehenden Unterkünften untergebracht werden. Eine Frau macht darauf aufmerksam, dass viele Hotels pandemiebedingt seit Monaten leer stünden, während drumherum Menschen ohne Wohnung im Gebüsch übernachten müssten. „Wenn ich aus dem Schlafsack steige, sehe ich den Schriftzug „Stay at Home am Living Levels, einen der teuersten Gebäude am Spreeufer“, sagt ein junger Punk an der Feuertonne. Wenig Verständnis hatte Nicole Lindner dafür, dass Ihr die Behörden in diesem Jahr besondere Schwierigkeiten machen wollten.

Das Straßen- und Grünflächenamt verweigerte zunächst die Ausnahmegenehmigungen zum Aufstellen eines Dixiklos und eines Unterstands. Erst nach der Drohung mit einer Klage lenkte das Amt ein. Sonst wären die Ak­ti­vis­t*in­nen den kalten Wintertemperaturen noch stärker ausgesetzt gewesen.

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