piwik no script img

Obdachlosigkeit in BerlinPessimismus ist durchaus angebracht

Manuela Heim
Kommentar von Manuela Heim

Die Politik sucht endlich nach einer Strategie im Umgang mit Obdachlosigkeit. Entwarnung kann noch lange nicht gegeben werden.

Werden im Winter nahezu unsichtbar: die vielen Obdachlosen Berlins. Foto: epd

S eit Jahren steigt die Zahl der Obdachlosen in Berlin, auf aktuell rund 8.000 Menschen, so schätzen es die Wohlfahrtsverbände. Wenn nun der Senat und die Bezirke, allen voran Mitte mit seinem Armutstreffpunkt Tiergarten, versuchen, planvoll mit dem Thema Obdachlosigkeit umzugehen, dann ist das angesichts jahrelanger Warnungen von Experten lange überfällig und freilich lobenswert. Entwarnung aber kann es noch lange nicht geben. Aus zweierlei Gründen.

Den ersten räumen die beteiligten Politiker schon selbst ein: Wenn die nach den Meldungen über aggressive Obdachlose gegründete Taskforce Tiergarten eine Entspannung der Lage vermeldet, dann ist das natürlich noch lange kein Verdienst einer neuen politischen Strategie, sondern vielmehr ein alljährlich wiederkehrendes Phänomen: Im Winter stehen Hunderte zusätzliche Notübernachtungsplätze der Kältehilfe zur Verfügung. Und auch jene Obdachlosen, die sich dort aus verschiedenen Gründen nicht einquartieren mögen oder können, verkriechen sich weitgehend ins Unsichtbare. Bis der Frühling kommt.

Der zweite Grund ist dieser: Zu den 8.000 Obdachlosen kommen aktuell bis zu 20.000 Wohnungslose, die gerade noch irgendwo Unterschlupf finden, aber keine eigene Wohnung (mehr) haben. Man braucht keine Pessimistin zu sein, um eine Verschärfung der Wohnungsknappheit in Berlin zu befürchten. Dann stehen auch diese Menschen potenziell auf der Straße und sind angewiesen auf preiswerte Unterbringungsmöglichkeiten, um die in einer Stadt des immer knapperen Raumes allzu viele Menschen buhlen. Schon jetzt suchen Notunterkünfte Monate nach geeigneten Räumen. Und eine Notunterkunft ist noch keine Wohnung.

Die Ratlosigkeit in dieser Frage steht PolitikerInnen genau wie ExpertInnen und Wohlfahrtsverbänden ins Gesicht geschrieben. Es wird eine der ganz großen Fragen für die Zukunft dieser Stadt sein.

40.000 mal Danke!

40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen

Manuela Heim
Gesundheit und Soziales
Redakteurin in der Inlandsredaktion, schreibt über Gesundheitsthemen und soziale (Un-) Gerechtigkeit.
Mehr zum Thema

1 Kommentar

 / 
  • Haushaltsabschluss 2017. Berlins Bezirke sind schuldenfrei - bis auf einen. Mitte erzielte das höchste Ergebnis mit einem Überschuss von 10,6 Millionen Euro. Bezirksbürgermeister Stephan von Dassel (Grüne) zeigte sich zufrieden. Erstmals seien wirklich alle relevanten Umstände, die zu Mehrkosten geführt hätten, aber durch den Bezirk nicht oder so gut wie nicht zu steuern seien, ausgeglichen wurden.

    https://www.tagesspiegel.de/berlin/haushaltsjahr-2017-berlins-bezirke-sind-schuldenfrei-bis-auf-einen/21098858.html

     

    Hat Bezirk Mitte seine Arbeit ordentliche gemacht? Man erzielt Überschüsse, aber gleichzeitig gibt es sehr viele Obdachlosen Menschen, denen nicht geholfen wird. Sie werden einfach wie irgendwelche Umstände oder Sachen weggeräumt.