Obdachlose ziehen in besetztes Haus: Willkommen zuhause!

In das Haus in der Berliner Habersaathstraße sind die ersten Be­woh­ne­r*in­nen eingezogen. Am Montag gab es eine kleine Willkommensfeier.

Haus mit Transparenten

Einzug in das neue Zuhause in der Habersaathstraße Foto: Josua Gerner

BERLIN taz | Endlich kommt Leben in die größtenteils leerstehenden Plattenbauten in der Habersaathstraße in Berlin-Mitte. „Wir haben endlich ein Zuhause“ steht auf einem Transparent, das aus einem der Fenster des besetzten Hauses hängt. Unten auf der Straße haben sich am Montagmittag um die 70 Menschen versammelt, um eine kleine Willkommensfeier für die neuen Be­woh­ne­r*in­nen in der Habersaathstraße abzuhalten.

Gekommen sind Ak­ti­vis­t*in­nen der Initiative „Leerstand hab-ich-saath“, Be­woh­ne­r*in­nen des Hauses und andere Un­ter­stüt­ze­r*in­nen. Die Stimmung ist friedlich, so dass die Po­li­zis­t*in­nen auf der anderen Straßenseite ihr Auto erst gar nicht verlassen.

Es gibt aber ja auch schließlich etwas zu feiern: Eine erfolgreiche Hausbesetzung! Um die 20 Menschen sind bereits eingezogen und um die 50 sollen es insgesamt werden, erzählt Valentina Hauser, eine der Aktivist*innen. In die teilweise noch möblierten Wohnungen ziehen Menschen ein, die obdachlos sind, und vor allem jene, die aktiv an der Hausbesetzung und den Protesten beteiligt waren.

„Neue Chance“

Einer von ihnen ist Sven. Zuvor hat er mit mehreren Menschen auf engem Raum in einer Massenunterkunft gewohnt. Infektionsschutz und Privatsphäre waren da Fehlanzeige, sagt Sven. „Der Einzug in die Habersaathstraße ist eine enorme Verbesserung. Endlich kann ich mal die Tür hinter mir zu machen und meine Ruhe haben“, erzählt er.

Einen Teil zum Erfolg der Hausbesetzung soll der Sozialträger „Neue Chance“ beitragen. Die Organisation unterstützt und begleitet die neuen Be­woh­ne­r*in­nen in der Habersaathstraße. Zunächst habe der Träger mit dem Bezirk einen Vertrag für ein halbes Jahr geschlossen, erklärt Ingo Bullermann, der Geschäftsführer der Neuen Chance.

Unten im Haus haben sie dafür extra ein neues Büro eingerichtet. Dort können die Be­woh­ne­r*in­nen Hilfe von So­zi­al­ar­bei­te­r*in­nen bekommen. Die Organisation möchte ihnen dabei helfen eine Zukunftsperspektive zu schaffen – auch für die Zeit nach der Habersaathstraße. „Das Ganze ist wahrscheinlich ein endliches Vergnügen“, sagt Bullermann und verdeutlicht damit die noch unsichere Perspektive des ganzen Projekts.

„Beschlagnahmt“

Denn auch wenn die Stimmung bei der kleinen Einzugsfeier ausgelassen ist, so richtig trauen kann man dem Ganzen noch nicht. Der ursprüngliche Plan des Eigentümers war, das Haus abreißen zu lassen und Luxuswohnungen an der Stelle zu errichten. Der Bezirk hat allerdings eine Rekommunalisierung des Gebäudes geplant. Darauf bezieht sich auch ein Transparent an dem Haus mit der Aufschrift: „Beschlagnahmt“. Die rechtlich legitime Besetzung basiert auf dem Polizeigesetz ASOG, das ermöglicht, spekulativen Leerstand für die Unterbringung Obdachloser zu beschlagnahmen.

Und der legale Einzug wohnungsloser Menschen in die Habersaathstraße ist definitiv ein starkes Zeichen gegen spekulativen Leerstand. Die Frage bleibt eben nur, wie lange sie dort wohnen bleiben können.

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