Obamas letzter Besuch in Deutschland: Abschied mit Wehmut
Barack Obama rät den Deutschen zur Wertschätzung von Angela Merkel – und warnt vor weiteren Spaltungen in den Industrieländern.
Am Anfang galt ihr Verhältnis als unterkühlt, inzwischen haben sie sich schätzen gelernt. Er könne sich „keine standfestere und zuverlässigere Partnerin auf der Weltbühne vorstellen“, lobte der scheidende US-amerikanische Präsident die deutsche Kanzlerin. Merkel gab das Kompliment zurück. Ihre „sehr enge freundschaftliche Zusammenarbeit“ basiere auf dem Eintreten für die gleichen Werte: für Freiheit und Demokratie, für eine offene und liberale Weltordnung. Dass an seine Stelle demnächst Donald Trump treten wird, ist für die Christdemokratin unverkennbar eine beunruhigende Aussicht.
Kurz vor 18 Uhr war die Air Force One Obamas am Mittwoch auf dem militärischen Teil des Flughafens Tegel gelandet. Eineinhalb Stunden später traf sich Obama im Hotel Adlon zu einem ersten Abendessen in privater Atmosphäre mit Merkel.
Es ist Obamas siebter Besuch in Deutschland. Als er im Juli 2008 das erste Mal nach Berlin kam, damals noch als Senator und Präsidentschaftsbewerber, jubelten ihm bei seinem Auftritt an der Siegessäule rund 200.000 Menschen zu. Seit John F. Kennedy hatte kein US-Politiker solche Begeisterungsstürme mehr ausgelöst wie der junge schwarze Hoffnungsträger aus Chicago. Seitdem sind nicht nur seine Haare ergraut.
Sorgen vor Trumps Amtsantritt
Die Themenpalette, die Obama zuerst mit Merkel, dann am Freitag auch noch mit dem französischen Präsidenten François Hollande, der britischen Premierministerin Theresa May sowie den Ministerpräsidenten Italiens und Spaniens, Matteo Renzi und Mariano Rajoy, zu besprechen hat, ist lang. Sie reicht vom Klimaschutz über die Terrorbekämpfung, die Zukunft der Nato, das Verhältnis zu Russland und das Atomabkommen mit dem Iran bis zur Finanz- und Wirtschaftspolitik.
In allen Feldern ist die Befürchtung groß, dass es mit dem Amtsantritt Donald Trumps im Januar kommenden Jahres zu einer grundlegenden Änderung der US-amerikanischen Politik kommen könnte. Es dürfte Obama kaum gelingen, die Sorgen seiner Gesprächspartner zu zerstreuen, sind es doch auch seine eigenen.
Barack Obama
„Yes We Can“ lautete der Wahlslogan, mit dem Obama 2009 ins Weiße Haus eingezogen ist. Er verkörperte die Hoffnung auf einen progressiven Aufbruch, auf eine friedlichere und gerechtere Welt. Zum Ende seiner Amtszeit ist davon nur noch das Bangen geblieben, dass sich die Verhältnisse nicht weiter verschlechtern.
Die Niederlage der von ihm unterstützten Hillary Clinton in den USA und die Erfolge von Rechtspopulisten in europäischen Staaten haben Obama nachdenklich gemacht. „Wenn die globale Wirtschaft nicht auf Menschen reagiert, die sich zurückgelassen fühlen, wenn die Ungleichheit weiter wächst, werden wir erleben, dass sich die Spaltungen in den Industrieländern ausweiten“, sagte er in einem Interview mit der ARD und dem Spiegel am Donnerstagvormittag.
Viel von Berlin hat er nicht gesehen
Obamas letzte Berlin-Visite als Präsident der Vereinigten Staaten ist eine der kurzen Wege. Von seiner traditionsreichen Luxusunterkunft bis zur direkt am Brandenburger Tor gelegenen US-amerikanischen Botschaft, die er am Donnerstagmittag besuchte, sind es gerade mal 160 Meter. Das Kanzleramt, wo er am Nachmittag offiziell von Merkel empfangen wurde, liegt nur ein paar hundert Meter weiter.
Anders als bei seinem ersten Besuch bekommen die Berlinerinnen und Berliner diesmal nicht viel von Obama zu sehen. Ein öffentlicher Auftritt steht bei seinem Abschiedsaufenthalt in der deutschen Hauptstadt nicht auf dem Programm. Außerdem sind die Sicherheitsvorkehrungen so umfangreich, dass für Zaungäste höchstens ein kurzer Blick auf den hohen Staatsgast zu erhaschen ist, als er am frühen Nachmittag mit einem Kaffee im Pappbecher über den Pariser Platz läuft.
Rund 5.000 Polizisten sind zum Schutz Obamas im Einsatz. Der Bereich rund um das Brandenburger Tor und das Regierungsviertel ist weiträumig abgeriegelt. Auf den Dächern sind Scharfschützen platziert. Vor dem Adlon stehen Panzerwagen der Polizei. Auf der Spree patrouillieren Polizeiboote. Es werde nicht sein letzter Besuch in Deutschland sein, versprach Obama. Aber der letzte als Präsident.
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