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Obama setzt Abschiebungen ausEin Dream wird wahr

Barack Obama stärkt die Rechte von Einwanderern, die als Kinder oder Jugendliche in die USA gekommen sind. Dabei hat er auch Latino-Wählerstimmen im Blick.

Freude über Obamas Entscheidung: „Dreamers“ an der UCLA. In Kalifornien dürfen junge Einwanderer dank des Californian DREAM Act bereits seit 2011 Uni-Stipendien beantragen. Bild: reuters

WASHINGTON taz | Für rund 800.000 junge Leute in den USA, die als illegale Immigraten gelten und von denen eine Mehrheit Latinos sind, verbessert sich das Leben: Sie brauchen vorerst keine Abschiebung mehr zu fürchten und sie können eine Arbeitsgenehmigung in dem Land beantragen, in dem sie aufgewachsen sind.

„Die Regel gilt ab sofort“, hat Präsident Barack Obama erklärt, als er die Kurswende am Freitag im Rosengarten des Weißen Hauses als „temporäre Maßnahme für zwei Jahre“ verkündete. Er fügte hinzu: „es ist das Richtige für Amerika“. Und begründete seinen präsidentiellen Alleingang mit der Blockade im Kongress.

„We are Americans“, jubelten unmittelbar danach junge Latinos an zahlreichen Orten der USA und schwenkten Fahnen mit der Aufschrift: „dies ist unser Land“. Für den Präsidenten ist es der bislang erfolgreichste Moment seines Wahlkampfes.

Mit einer einzigen Rede hat er ganz unterschiedliche Dinge erreicht: er hat einen jahrelangen sozialen Misstand zumindest vorübergehend beseitigt, er hat sich die politische Sympathie der größten und am schnellsten wachsenden Bevölkerungsgruppe gesichert, er hat ein Gegengewicht zu seiner Rolle als „Deportationspräsident“ (400.000 Abschiebungen im Jahr 2011) gesetzt, er hat einen Keil in die republikanischen Reihen getrieben und er hat seinen mutmaßlichen Gegenkandidaten Mitt Romney in die Defensive gedrängt.

Latinos wichtige Wählergruppe

Denn wie Obama ist auch der Republikaner im November auf die Stimmen der Latinos angewiesen. Sie stellen in Kalifornien bereits die Bevölkerungsmehrheit und sind in zahlreichen anderen Bundesstaaten das elektorale Zünglein an der Waage. Doch statt Lösungen für die blockierte Einwanderungspolitik zu suchen, besteht Romney weiterhin darauf, dass „Illegale“ das Land verlassen müssen. Und schlägt allen Ernstes „Selbst-Abschiebungen“ vor.

Die jungen Leute sind in den meisten Fällen als Kleinkinder mit ihren Eltern ohne Papiere in die USA gekommen. Sie sind in den USA in die Schule und haben nicht selten Militärdienst geleistet. Sie konnten – da sie keine Ausweispapiere haben - das Land ihrer Vorfahren nie besuchen und sprechen oft sehr viel besser Englisch, als ihre „Herkunftssprache“.

Doch sie blieben „Illegale“ und stießen als solche spätestens als junge Erwachsene an eng gesteckte Grenzen: sie können keinen Führerschein machen, müssen in in ihren eigenen Bundesstaaten, wo ihre Eltern Steuern zahlen, die erhöhten Studiengebühren für „Ortsfremde“ zahlen, bekommen keine Stipendien, finden keine Arbeitsplätze im Öffentlichen Dienst und können jederzeit abgeschoben werden.

Die rechtlose Lage dieser jungen „Illegalen“ ist in den USA seit langem Gegenstand politischen Streits. Dabei verlaufen die Divergenzen nicht immer entlang von Parteilinien. Mitte des vergangenen Jahrzehntes versuchten Ex-Präsident George W. Bush, sein späterer Nachfolgekandidat John McCain und der demokratischen Politiker Ted Kennedy ein „DREAM-Act“ genanntes Gesetz auf den Weg zu bringen. Es sollte um jungen Leuten, die in den USA aufgewachsen sind, einen Übergang in eine legale Existenz zu öffnen. Die drei Politiker scheiterten an Widerständen aus beiden Parteien im Kongress.

Geteilte Reaktionen der Republikaner

Unter Obama wiederholte und vertiefte sich die politische Blockade bei der Einwanderungspolitik. Ein neuer Anlauf zu einem „DREAM-Act“ passierte zwar das Repräsentantenhaus, schaffte jedoch nicht die Hürde des Senats. Nachdem Obama am Freitag die Suspendierung der Deportationen ankündigte, reagierte die repulikanische Partei mit einer Kakophonie.

In Florida gewann Senator Marco Rubio der Sache Positives ab, kritisierte allerdings, dass sie nur eine Übergangslösung ist. Rubio ist Sohn kubanischer Einwanderer und ein viel-umworbener Star der RepublikanerInnen. Er ist als potenzieller Vizepräsidentschaftskandidat im Gespräch, von dem manche RepublikanerInnen glauben, dass er Romney zu Latino-Stimmen verhelfen könne.

Anderswo versuchen republikanische PolitikerInnen, mit harter Kritik an Obamas Geste Neid bei weißen WählerInnen zu schüren. Kongressmann Jim Sensenbrenner aus Wisconsin argumentiert, es sei „ungerecht“ angesichts der „hohen Arbeitslosigkeit von Amerikanern, den Arbeitsmarkt mit Illegalen zu überfluten“.

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4 Kommentare

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  • M
    Marc

    Obama ist einfach unwählbar!

  • JZ
    jan z. volens

    Dorothea: Heute Sonnabend in USA, erschien in SABADO GIGANTE von "Don Franciso" (Mario Kreutzberger )- zwischen "musica latina" und dem ueblichen Klamauk - ein Interview - von dieser Woche von "Don Francisco" mit Obama im Weisen Haus. Thema Interessen der 50 Millionen Hispanic/Latinos: Arbeitsplaetze, Krankenversicherung, Rechte fuer die 12 Millionen "undokumentierten" Einwanderer. Obama: Die Republicans haben alle seine guten Programme verteitelt oder gekuerzt - aber er steht weiter fuer die Belange der Hispanic-Latinos. "Don Francisco" ist der "bekannteste" unter den Latinos in USA, welche seit Generationen sein TV Unterhaltungsprogramm sieht, welches heute am Sonnabend eines der drei wichtigsten TV Programme allgemein in USA ist. Er ist der Sohn juedischer Einwanderer von Deutschland nach Chile. Er spricht auch das Deutsch einwandfrei - hat einst sogar fuer die Hispanic-Latinos ein Programm vom Erzgebirge geboten!

  • H
    Hulk

    "Latinos sind eine wichtige Wählergruppe", na das spricht doch schon für sich.

    Auf der einen Seite wünsche ich jungen Leuten egal woher, jede bestmögliche Chance sich zu verwirklichen um eine erfolgreiche Laufbahn einzuschlagen.

    Und die andere Seite, die duuunkle Seite, ist die der Alteingesessenen. Denn die fragen sich, na für wen macht der Herr Obama denn nun Politik?

    Ich bin allerdings nach wie vor der Meinung, man kann die Probleme der Welt nicht durch grenzenlose Massenwanderungen bewältigen (allein schon die Energie welche dabei draufgeht).

    Die Probleme müssen vor Ort, in deren Heimatländern gelöst werden.

    Ob in Mexiko,Afrika,Asien oder sonstwo.

    Es macht keinen Sinn die USA,Kanada,Europa u.ä. als Topziel der Einwaderung zu gestalten und der rest der Welt verkümmert, China lasse ich mal aussen vor.

  • OP
    Otto Pardey

    Das wird den weissen Americanern aber nicht gefallen welche

    dem schwarzen Rassismus sowie denen der Latinos ausgesetzt

    sind.

    Es ist nicht auszuschliessen das die naechste Amtszeit in Gefahr ist,

    deshalb hofiert Barack Obama geschickt diese infrage kommenden

    Waehler.