Nordkoreas neuer Außenminister: Ein rüpelhafter Hardliner

Ri Son Gwon hat viel Erfahrung beim Verhandeln mit der südkoreanischen Regierung. Diplomatisches Fingerspitzengefühl ist ihm fremd.

Trump und Kim an der Demarkationslinie

Trump und Kim Jong Un an der Demarkationslinie in Panmunjom am 30. Juni 2019 Foto: Kevin Lamarque/reuters

PEKING taz | Für Donnerstagnachmittag hat das nordkoreanische Außenministerium die internationalen Botschafter in Pjöngjang zum Empfang geladen. Ziel der Zusammenkunft ist es, die Diplomaten über die neueste Rochade an der Spitze des Ministeriums zu unterrichten. Laut dem im südkoreanischen Seoul ansässigen Fachmedium NK News ist die Personalie bereits in trockenen Tüchern: Der bisherige Außenminister Ri Yong Ho wird von seinem nicht mit ihm verwandten Kollegen Ri Son Gwon ersetzt.

Über ihn wissen Experten vor allem, dass er bisher die Kommission zur friedlichen Vereinigung der Koreanischen Halbinsel geleitet hat. Ob Ri Son Gwon jedoch jemals im Ausland tätig war, geschweige denn über Fremdsprachenkenntnisse verfügt, ist unbekannt.

Allerdings verfügt der höchstwahrscheinlich neue Außenminister über reichhaltige Erfahrungen beim Verhandeln mit der südkoreanischen Regierung. Im Präsidentensitz in Seoul dürfte Ris Ernennung dennoch nicht gerade für Anflüge von Euphorie sorgen.

Fest steht: Ri Son Gwon gehört zur jener Fraktion nordkoreanischer Hardliner, die entgegen internationaler Konventionen eine obs­zöne Rüpelsprache verwenden, welche eher an Pausenhof-Streitigkeiten statt diplomatisches Parkett erinnert.

Loyalitätsbeweis gegenüber Kim

So hat Ri bereits in der Vergangenheit die südkoreanische Regierung als „ignoranten und inkompetenten Haufen ohne jegliches Gespür für die Gegenwart“ bezeichnet. Unter nordkoreanischen Parteikadern gilt es als Loyalitätsbeweis gegenüber dem „großen Führer“ Kim Jong Un, sich in der Sprache über die „feindlichen Kräfte im Ausland“ an Kraftausdrücken zu überbieten.

Laut dem übergelaufenen Ex-Diplomaten Thae Yong Ho wurden bis Anfang der 2000er Jahre in internen Papieren des Außenministeriums in Pjöngjang die Ausdrücke „Yankees“, „Russkis“ und „Schlitzaugen“ verwendet – als Bezeichnung für Amerikaner, Russen und Chinesen.

„Nordkorea hat einen namhaften, kultivierten Diplomaten gegen einen Militär ausgewechselt. Das soll Härte vermitteln“, sagt Andray Abrahamian, Gastforscher an der George-Mason-Universität.

Spätestens seit dem US-Nordkorea-Gipfel in Hanoi vor knapp einem Jahr gelten die Nuklearverhandlungen zwischen Kim Jong Un und Donald Trump als gescheitert. Washington verlangt zunächst eine Abrüstung des nordkoreanischen Atomarsenals, ehe es seine Wirtschaftssanktionen lockert. Pjöngjang hingegen möchte einen schrittweisen Prozess mit sofortigen Zugeständnissen.

Entbehrungsreiche Zeiten

In seiner Neujahrsansprache hat der nordkoreanische Machthaber seine Bevölkerung daher ausführlich auf entbehrungsreiche Zeiten vorbereitet. Eine Botschaft, die darauf hindeutet, dass das Regime in Nordkorea sich wohl zunächst mit dem Status quo der Wirtschaftssanktionen abgefunden hat.

Jedoch haben die meisten Experten mit einem „großen Knall“ zu Beginn des Jahres gerechnet. Schließlich lief mit dem 31. Dezember eine von Kim Jong Un gesetzte Frist an die US-Regierung aus. Sollte Trump seine Verhandlungsposition nicht überdenken, werde Nordkorea einen „neuen Weg“ einschlagen“, hieß es. Bislang allerdings sind provokative Waffentests oder verbale Entgleisungen von Kims Regime ausgeblieben.

Ob sich dies mit dem neuen Außenminister ändern wird? Rüdiger Frank, Leiter des Bereichs Ostasienwissenschaften an der Universität Wien, will keine frühen Schlussfolgerungen ziehen. Die Entscheidungsgewalt des Außenministers sei innerhalb der zentralistischen Regierung Nordkoreas ohnehin höchst eingeschränkt, schreibt Frank auf Twitter.

Und: „Wer jemals mit Nordkoreanern zusammengearbeitet hat, kann bestätigen, dass ein und dieselbe Person sowohl sehr liebenswürdig und sehr taff sein kann – je nachdem, wie die derzeitigen Befehle von oben sind.“

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