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Nominierung des SPD-VorsitzesSPD setzt auf gemischtes Doppel

Rechts und links, jung und alt, Mann und Frau: Lars Klingbeil soll mit Saskia Esken die SPD führen. Wer neuer General­sekretär wird, ist offen.

Wehende Fahnen in der SPD-Parteizentrale: Die öffentlichen Reaktionen auf das neue Duo sind positiv Foto: Ralf Pollack/imago

taz | Berlin Das SPD-Präsidium und der Parteivorstand haben am Montag Saskia Esken, 60, und Lars Klingbeil, 43, einstimmig als künftige Parteivorsitzende nominiert. Dass es beim Parteitag in Berlin vom 10. bis zum 12. Dezember ernst zu nehmende Gegenkandidaturen geben wird, ist mehr als unwahrscheinlich. Faktisch steht damit die neue SPD-Spitze fest.

Esken erklärte am Montag im Willy-Brandt-Haus, sie wolle „die SPD als eigenständige politische Kraft“ und deren „Markenkern“ stärken. Als Themen nannte sie Bürgerrechte, sozialen Ausgleich und gerechte Bildung. Mit Klingbeil arbeite sie seit acht Jahren gut zusammen. Beide kennen sich als Digitalpolitiker. Man habe, so Esken, schon 2015 gemeinsam an dem SPD-Grundsatzprogramm „digital leben“ mitgewirkt. Sie schätze an Klingbeil dessen „Ruhe und positive Ausstrahlung“. Esken ist seit 2019 Parteichefin, Klingbeil seit Ende 2017 SPD-Generalsekretär.

In einem Brief schreibt die designierte Parteispitze an die Basis: „Die Geschlossenheit, der gegenseitige Respekt und die Ernsthaftigkeit, mit der wir in den vergangenen Monaten agiert haben, hat uns stark gemacht. Diesen Politikstil wollen wir auch in neuer Zusammensetzung weiter pflegen.“

Norbert Walter-Borjans, 69, hatte kürzlich erklärt, nicht mehr als SPD-Chef zu kandidieren. Esken hatte danach mit der Erklärung, ob sie wieder antreten will, gezögert. Wie auch Klingbeil war sie für einen Posten im Kabinett im Gespräch. Klingbeil wird nachgesagt, ein Auge auf das Verteidigungsministerium geworfen zu haben, Eskens Name fiel im Zusammenhang mit dem Bildungsministerium und dem Digitalministerium. Doch fixe Zusagen für Ministerämter gibt es weder für Esken noch für Klingbeil. In der SPD sind zudem viele dafür, bei der Trennung von Parteispitze und Kabinett zu bleiben. Diese Distanz soll ermöglichen, dass die SPD als eigenständige Stimme hörbar bleibt. Esken erklärte am Montag gleichwohl, ein Amt als Ministerin „nicht in alle Ewigkeit auszuschließen“. Walter-Borjans und Esken bekundeten zudem, dass sie davon aus gehen, dass der Fahrplan der Ampel-Verhandlungen eingehalten wird und Olaf Scholz Anfang Dezember zum Kanzler gewählt werden wird.

In der Partei gibt es keine öffentlichen negativen Stimmen zu dem neuen Duo. Das Forum DL21, der linke Teil der SPD-Linken, lobt, dass „Saskia Esken zusammen mit Lars Klingbeil im Bundestagswahlkampf bewiesen haben, dass sie gemeinsam erfolgreich Kampagnen organisieren können.“ DL21 findet es auch erfreulich, dass „die Trennung von Parteispitze und Regierung gewahrt bleibt“. Annika Klose, Parteilinke und Ex-Chefin der Jusos in Berlin, hält das neue Duo für „überzeugend“. Esken genieße „viel Vertrauen bei der Basis“, Klingbeil habe „als Generalsekretär überzeugt“, so Klose zur taz.

Eine Generalsekretärin ist angesichts der Doppelspitze nicht zwingend

Annika Klose, SPD-Linke

Doch mit dem Rückzug des Finanzpolitikers Walter-Borjans wird der SPD-Spitze etwas fehlen – dessen pragmatischer Keynesianismus. Walter-Borjans hat die Position gestärkt, dass der Staat, unabhängig von dem klimaneutralen Umbau der Indus­trie, aktiv investieren muss. Und auch Verteilungsgerechtigkeit als Thema eingebracht. Er hat 2020 einen wirtschaftspolitischen Beirat ins Leben gerufen, der ein Gegengewicht zu dem unternehmernahen Wirtschaftsforum der SPD sein soll. Und er hat den linken Wirtschaftswissenschaftler Gustav Horn in die erweiterte Parteiführung geholt. Doch wie viel das wert ist, wenn er den Posten an der Parteispitze geräumt hat, wird sich zeigen. Esken und Klingbeil haben andere Schwerpunkte.

Offen ist noch, wer Lars Klingbeil nun auf dem Posten des Generalsekretärs folgen soll. Dass Ex-Juso-Chef Kevin Kühnert Ambitionen haben soll, geistert zwar als Gerücht schon längerem umher. Doch gewiss ist das nicht. Zum Job des Generalsekretärs einer Regierungspartei kann es auch zählen, der eigenen Partei gegenüber unangenehme Entscheidungen vertreten zu müssen. Laut Esken soll die Entscheidung in den nächsten Wochen fallen.

Die Arbeitsgemeinschaft Sozialdemokratischer Frauen (ASF) forderte schon in der letzten Woche, dass Klingbeils Posten mit einer Frau besetzt wird. Es gebe „viele talentierte Frauen, die die SPD als Generalsekretärin gut nach außen vertreten könnten“, hieß es. Annika Klose hält eine Generalsekretärin indes „angesichts der Doppelspitze nicht für zwingend“. Man soll das eher „an Inhalten fest machen“, so Klose zur taz. Klose fordert zudem eine starke Beteiligung der Jusos an der engsten SPD-Spitze. Als engste Parteispitze gilt das Führungsduo und ihre derzeit 5 StellvertreterInnen sowie der Generalsekretär.

Wie viele Vizeposten es geben wird, ist unklar. Beim letzten Parteitag 2019 sollten nur drei Vizes gewählt werden – weil inflationierte Vizeposten das Amt eher entwerten. Es wurden dann doch fünf, um eine Kampfkandidatur zwischen Hubertus Heil und Kühnert zu vermeiden. Laut Walter-Borjans ist offen, ob es nun wieder weniger Vizeposten geben wird.

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