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Nominiert für das US-KabinettMilitärs, Lobbyisten und Reiche

Trumps neues Personal: Ein Klimawandelleugner soll die Umweltbehörde leiten, ein Ex-General das Heimatschutzministerium.

Bekommen noch mehr Gegenwind: Pipeline-Gegner in North Dakota Foto: ap

New York taz | Drei Gruppen werden in der künftigen Regierung in Washington das Sagen haben: Generäle, MilliardärInnen und LobbyistInnen. Das bestätigen auch die jüngsten Rekrutierungen von Donald Trump. Am Mittwoch hat er den Justizminister von Oklahoma, Scott Pruitt, einen Klimawandelleugner, der seine Karriere mit Geld aus der Mineralölindustrie bestritten hat, als künftigen Chef der Umweltbehörde EPA vorgestellt.

Für die Spitze des „Heimatsicherheitsministerium“ mit seinen mehr als 240.000 Beschäftigten hat Trump den pensionierten Viersternegeneral John Kelly gewonnen, der seine Kriegserfahrungen im Westen des Irak gesammelt hat und als Chef des Southern Command der USA auch für das Internierungslager Guantánamo zuständig war. 2013, als Präsident Barack Obama sich bemühte, das Lager zu schließen, verlangte Kelly vor dem Kongress im Gegenteil zusätzliche Investitionen.

Die beiden verstärken ein Team von Gleichgesinnten. Vom Militär sind darin bislang außerdem der Nationale Sicherheitsberater Mike Flynn und der Verteidigungsminister, James „Mad Dog“ Mattis. Mit David Petraeus ist noch mindestens ein weiterer General im Gespräch. Und schon jetzt sind vier MilliardärInnen sowie mindestens fünf MillionärInnen mit im Team. Weitere verhandeln noch.

DemokratInnen, die in den vergangenen Tagen das Gespräch mit Trump gesucht haben und sich anschließend positiv über ihn geäußert haben, darunter Exvizepräsident Al Gore und Chicagos Bürgermeister Rahm Emanuel, haben sich getäuscht. Trump, der einen Wahlkampf für die USA von unten gemacht hat – Trump-O-Ton im Wahlkampf: „Ich liebe die Ungebildeten“ – bildet eine Regierung aus den Vereinigten Staaten von oben.

Oklahoma im Fracking-Boom

Für eine Schockwelle bei Umwelt- und KlimaaktivistInnen sorgt die Wahl von Pruitt für die Umweltbehörde EPA. Aus dem Ölstaat Oklahoma heraus, wo er bislang Justizminister ist, hat Pruitt die Behörde, die er künftig leiten soll, in den letzten Jahren systematisch bekämpft. Dabei ging er nicht nur politisch, sondern auch gerichtlich vor, auch gemeinsam mit VertreterInnen der Ölindustrie. Verschiedene Ölkonzerne aus Oklahoma haben Pruitts eigenen Wahlkampf mitfinanziert.

Oklahoma ist einer der Staaten mit einem besonders starken Fracking-Boom und besonders schwachen Kontrollen und Auflagen für die Industrie. Eine der Konsequenzen ist, dass sich die Zahl der Erdbeben in dem zuvor tektonisch ruhigen Bundesstaat vervielfacht hat. Wie der gewählte Präsident spricht sich auch Pruitt für den Bau der umstrittenen Pipelines Keystone XL und North Dakota Access Pipeline aus.

Wir werden Widerstand leisten müssen

May Bove, Klima-Aktivistin

Nach Ansicht von Wenonah Hauter von der Umweltgruppe Food & Water Watch ist die EPA unter Obama zwar nicht annähernd weit genug gegangen. Aber auch alle kleinen Fortschritte sind nun gefährdet. „Wir gehen auf Ärger zu“, sagte sie am Donnerstag. Die Chefin der großen Klimagruppe 350.org, May Bove, befürchtet, dass die künftige Regierung sämtliche Auflagen für Kohlekraftwerke, Öl- und Gasförderung und Fracking aufheben wird. „Wir werden Widerstand leisten müssen“, sagte sie am Mittwoch.

Zu unerwartetem Widerstand gegen den künftigen Präsidenten hat sich in dieser Woche erstmals auch ein republikanisches Mitglied des Electoral College entschlossen. Der Texaner Christopher Suprun hat angekündigt, dass er am 19. Dezember gegen Trump stimmen will. Suprun nennt den gewählten Präsidenten „nicht qualifiziert“ und „gefährlich“.

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7 Kommentare

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  • Leider entspricht es der - traurigen - Wahrheit: Wenn man sich dieses Trump-Kollegium anschaut, überfällt einen das kalte Grausen. Eiszeit!

  • 1G
    10236 (Profil gelöscht)

    Kurz zu den Trumps "picks":

    keiner hätte in seiner wildesten Träumen vermutet, dass ein Multi(?)milliardär auf einmal sein Kabinett mit Zentristen der GOP oder, Gott bewahre, Progressiven besetzt.

     

    Für die Progressivität hatten die Demokraten 16 Jahre (Clinton+Obama) Zeit.

     

    Joe Scarborough von MSNBC sieht in diesen Entscheidungen jedenfalls eine konservative "rote Linie", die eine noch mehr konservative Regierung bringt als die von Reagan:

    https://www.youtube.com/watch?v=16q_Fc3NdDI

     

    BTW, Flynn wurde ursprünglich von Obama zum Chef des militärischen Nachrichtendienstes berufen.

    • @10236 (Profil gelöscht):

      Flynn wurde vor allem von Obama AB-berufen, nachdem sich herausstellte, dass er gemessen an seiner durchschnittlichen Begabung "too far promoted" war. Als Chef der DIA wollte er den beiden großen Sicherheitsbehörden CIA und NSA "Konkurrenz" machen. Ausserdem tat er sich in seiner nicht einmal 2 Jahre währenden Amtszeit als Islamhasser hervor. Als er dann auch noch sexistisch untermalte Aufforderung zur Benutzung von Make-up an die weibliche Belegschaft ausgab ("don't be a Plain Jane"), war die Geduld im Weissen Haus erschöpft.

       

      Der Nationale Sicherheitsberater ist als Teil des "Executive Staff of the President" ein Zivilist. Wenn die obersten zivilen Behörden und Stäbe nun mit Militärs besetzt werden, zeigt das, wie sehr Trump die amerikanische Demokratie in ihrem Wesenskern korrumpiert und verdirbt.

  • Ja,da rührt ein Idiot ein giftiges Süppchen zusammen.Hoffentlich muss er es auch auslöffeln!

  • 1G
    10236 (Profil gelöscht)

    "2013, als Präsident Barack Obama sich bemühte, das Lager zu schließen..."

     

    Er hat es schon 2009 per executive order geschlossen, was dann paar Monate später von dem (demokratisch kontrollierten!) Congress mit einem Verbot der Gefangenenverlegung vereitelt wurde.

     

    Vielleicht nicht nur die halbe Geschichte erzählen - die bösen Republikaner...

    • @10236 (Profil gelöscht):

      Der "Keep Terrorists Out of America Act" wurde im Mai 2009 von den Republikanern eingebracht. Sowohl bei den Demokraten als auch im republikanischen Lager gab es damals aber bereits einen breiten Konsens, dass das illegale Gefangenenlager Guantanamo geschlossen werden müsse, lediglich bezüglich der Frage, was mit den restlichen ca. 240 von einstmals fast 800 Häftlingen geschehen sollte, war man unterschiedlicher Auffassung. Obwohl eine offizielle Untersuchung der Pentagon-Dokumente ergab, dass lediglich 8% der Guantanamo-Häftlinge beschuldigt wurden, für eine terroristische Gruppe gekämpft zu haben, 55% jedoch konnten keinerlei "feindselige Handlungen gegen die USA" vorgeworfen werden. Insgesamt 86% der Insassen waren von der "Nordallianz" oder pakistanischen Behörden festgenommen und den US-Streitkräften übergeben worden, zu einer Zeit, als das amerikanische Militär hohe Kopfgelder für die Gefangennahme vermutlicher "Terroristen" zahlte. Mindestens 150 Menschen wurden völlig zu Unrecht über Jahre hinweg in Guantanamo festgehalten.

       

      Obama konnte die Überstellung neuer Gefangener nach Guantanamo beenden, die Foltermethoden im Rahmen dortiger Verhöre abschaffen und die CIA mußte auf seine Initiative hin ihre Geheimlager im Ausland auflösen. Der von Trump nun eingesetzte neue Chef des Heimatschutzes, John Kelly, steht für das Gegenteil all dieser Maßnahmen. Und er vertritt damit politisch gesehen die krasse Aussenseiterposition ultrakonservativer Hardliner. Wo ist da die !halbe Geschichte"?

       

      Aber so ist das, wenn Breitbart-Jünger sich die Welt schönlügen wollen...

  • "Drei Gruppen werden in der künftigen Regierung in Washington das Sagen haben: Generäle, MilliardärInnen und LobbyistInnen."

     

    Und da wurde behauptet, unter Trump wird alles anders...