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Noch ein neuer HafenSteuern im Wind

Das Land Bremen will für 180 Millionen Euro ein neues Offshore-Terminal bauen. Private Investoren wollten das nicht bezahlen - ihnen war das Risiko zu groß

Für Windräder wie diese will Bremen einen neuen Hafen bauen Bild: DPA

Der rot-grüne Senat will der Windindustrie für 180 Millionen Euro einen neuen Hafen in Bremerhaven bauen. Das heißt: Zuerst wollte er genau das nicht. Doch der Versuch, das Vorhaben von privaten Investoren finanzieren zu lassen, ist gründlich gescheitert. Zwar gab es Interessenten – doch keiner von ihnen wollte das Risiko tragen. Jetzt steht Bremen vor der Entscheidung, das Offshore-Terminal aufzugeben – oder es selbst zu bezahlen. Am Dienstag berät der Senat.

In dem neuen Hafen am Blexer Borgen sollen Windräder, jedes gut 150 Meter groß, zusammengeschraubt und aufs Meer verschifft werden. Ungefähr 160 Stück pro Jahr. Dafür braucht es Anlagen, die mehrere hundert Meter lang und immens tief sind, mehrere tausend Tonnen tragen. 2014 sollte dieser Hafen eröffnet werden, inzwischen ist daraus der mögliche Baustart geworden.

Wird der Hafen nicht gebaut, fürchtet das Land den Verlust von mehreren hundert Arbeitsplätzen, von neuen ganz zu schweigen. Außerdem würden dann 250 Hektar Industriefläche fehlen, sagte der Wirtschaftssenator, die „Wertschöpfung“ in ungenannter Größe bringen sollen. Und weiter: „Die Notwendigkeit des Terminals“ werde von Seiten der Wirtschaft „nicht infrage gestellt“. Nicht einmal von der CDU: Der Schwerlasthafen sei „unverzichtbar“, sagt Parteichef Jörg Kastendiek.

Naturschützer forderten jedoch wiederholt, das Offshore-Terminal in den bestehenden Containerhafen zu integrieren. Der BUND warnt Rot-Grün vor einem „riskanten Schnellschuss“, fordert, „Sinn und Notwendigkeit“ des Projekts „noch einmal gründlich zu überdenken“. Es werde „immer deutlicher“, dass die ehrgeizigen Ausbauziele für Offshore-Windnutzung in der Nordsee „auf die Schnelle nicht realistisch sind“, sagte der BUND-Vorsitzende Klaus Prietzel. Zu der ungeklärten Netzanbindung und den milliardenschweren Kostenrisiken kämen die offenbar unterschätzten ökologischen Probleme hinzu. Mit dem Bau des Offshore-Terminals verbunden sei der Verlust wertvoller Wattflächen in einem Vogelrastgebiet internationaler Bedeutung. „Wir müssten dann möglicherweise in einigen Jahren feststellen, dass wir wertvollsten Naturraum für ein fehl platziertes Millionengrab geopfert hätten“, so BUND-Geschäftsführer Martin Rode.

Ein vom Senat in Auftrag gegebenes Gutachten der Prognos AG verspricht dagegen bis 2040 mindestens 7.000 neue Arbeitsplätze, im günstigsten Fall sogar bis zu 14.000, dazu fast 5.000 neue EinwohnerInnen für Bremerhaven. Schon heute seien in der Offshore-Industrie und deren Umfeld in Bremerhaven rund 3.000 Jobs entstanden.

Die möglichen privaten Investoren hingegen monierten im Verfahren, dass die weitere Entwicklung der Branche „kaum zu prognostizieren“ sei und „entscheidende Fragen“ zum weiteren Ausbau der Offshore-Windenergie weder politisch noch ökonomisch hinreichend geklärt seien. Hinzu kommt die Konkurrenz zu anderen, öffentlich finanzierten Terminals. Beide Bieter wollten das Auslastungsrisiko auf Bremen abwälzen.

Den bis 2018 erwarteten Kosten von 180 Millionen Euro stehen prognostizierte Einnahmen aus Pacht und Entgelten von 102 Millionen Euro gegenüber, verteilt auf 30 Jahre. Das Wirtschaftsressort kalkuliert ab 2017 mit Einnahmen vom 3,9 Millionen Euro im Jahr, sollte der neue Hafen 2016, zwei Jahre später als bisher geplant, in Betrieb gehen.

Gut 75 Millionen Euro der Kosten sollen aus dem „Sondervermögen Hafen“ kommen, weitere 50 Millionen Euro aus „höheren Gewinnabführungen“ der Bremer Beteiligungen – also aus noch nicht realisierten Unternehmensgewinnen. Zudem werden knapp 22 Millionen Euro aus Investitionsmitteln des Gesamthaushalts verplant. Auch Umschichtungen, Einsparungen und Mehreinnahmen sollen zur Finanzierung beitragen. Alle Mehrkosten soll dann das Hafenressort tragen. Für die CDU steht das Finanzierungskonzept „auf tönernen Füßen“, schließlich gebe es keine Garantie, dass die bremischen Gesellschaften die verplanten Millionen wirklich erwirtschafteten. Eine leichte Abschwächung der Konjunktur reiche aus, „um das Kartenhaus zum Einsturz zu bringen“, so Kastendiek.

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5 Kommentare

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  • S
    Staatsbürger

    Gegen den vorzeitigen Bau des Hochseehafens sprechen eine Reihe von Unsicherheiten.

     

    Zum einen der noch nicht fertig gestellte Netzanschluss (Tennet, Schwarz/Gelb).

    Es werden statt 15 GW nur noch 6 GW installierter Leistung in den nächsten Jahren erwartet, dabei ist der schon bestehende Hafen in Cuxhaven derzeit nicht ausgelastet!

    Hinzu kommt, dass es berechtigte Zweifel an den Effizienzvorteilen von Offshore gegenüber Onshore gibt. Im gleichen Atemzuge wollen Baden-Würtemberg und Bayern in ihren guten Berglagen je bis zu 1000 Windräder aufstellen.

    Onshore ist zu 98 Prozent des Jahres betriebsbereit und kann jederzeit viel kostengünstiger gewartet werden. Bei Offshore ist das nicht möglich.

     

    Die privaten Anleger habe sich wegen dieser Unsicherheiten zurückgezogen. Gegenwärtig werden schon Windräder über den normalen Hafen verladen. Das reicht, um die Situation abzuwarten und flexibel, auch auf eine sehr gut möglichen Niedergang der Offshore Technologie, zu reagieren.

     

    Denn eins ist sicher, lieber Ralf, die strukturellen Probleme Bremerhavens und die verkorksten Netzwerkcluster sind nicht durch biedermeierliche Grüne, sondern durch staatsgläubige Hinterzimmerklüngeleien zugunsten wirtschaftlicher Monokulturen und Clientelpolitik für wenige, einzelne Unternehmen durch SPD und CDU verursacht worden! Es kommt immer auf die Art und Weise der Wirtschaftspolitik an, nicht auf das was. Beschäftigen Sie sich mal mit Institutionsökonomie, da können sie das alles nachlesen und bitte der bremerhavener und bremer SPD vor die Nase halten.

     

    Bremerhaven und das Land Bremen laufen Gefahr ihr nächstes industriepolitisches Trauma erleiden, grade weil wieder auf die eine große Lösung gesetzt wird. Bei so viel Großmannsucht eines Bettlers können der hanseatische Kaufmann, die schwäbische Hausfrau und Ottonormalverbraucher nur mit dem Kopf schütteln. Da kann es Bremerhaven noch so dreckig gehen, mit der falschen Medizin sollte man es nicht behandeln.

     

    P.S.:

    Selbstverständlich wird die Hälfte des Geldes durch Kürzungen des Haushaltes in anderen Bereichen erwirtschaftet werden müssen.

  • TE
    Thomas Elias

    @Ralf. Ja, das ist ja mal nett, dass Sie etwas als berechtigt stehen lassen wollen. ;-)

     

    Was vergleichbar ist, ist der Umstand, dass abgehobene PolitikerInnen meinen Dinge wuppen zu müssen, welche die Wirtschaft (aus guten Gründen) nicht von sich aus angeht.

    Das geht schief und es werden letztendlich Gelder verplempert, die man für wirkliche Staatsaufgaben, nämlich für meritorische Güter verwenden sollte.

     

    Wenn kein Unternehmen einen Spacepark erbaut, warum dann Scherf?

    Sicher ist es eine Chance für BHV, aber nur, wenn es die Wirtschaft wuppt.

     

    Wuppt sie es nicht, steht Bremen da und blutet für tote Kühe wie die Jacobsuni.

     

    Wenn Linnert unser Geld ins Meer werfen will, warum fragt sie nicht die BürgerInnen?

     

    Hätte Monsieur Scherf das mal getan, ganze Generationen von Bremerinnen hatten bessere Chancen gehabt, als nun die Schlusslichtlaternen schwenken zu müssen.

  • R
    Ralf

    Wer Energiewende sagt, muss auch Standorte für Erneuerbare Energien schaffen. Offshore-Windkraft ist zweifelsohne eine große Ressource und deutlich beständiger als die launische Solarenergie. Doch diese Riesenspargel setzen sich nicht von alleine in die Nordsee, sondern benötigen äußerst große Spezialschiffe mit großen freien Kajenflächen.

     

    So viele Chancen hat Bremerhaven auch nicht mehr auf die Beine zu kommen. Die Hafenwirtschaft läuft zwar, benötigt aber nur noch wenige Arbeitskräfte. Fischverarbeitung und Werftindustrie sind endgültig verlagert auf das Meer bzw. nach Fernost. Der Tourismus zieht an, aber das reicht nicht - einfache Dienstleistungsberufe in dieser Branche sind zu prekär, saisonabhängig und schlecht bezahlt, um davon eine Großstadt mit 113.000 Einwohnern zu ernähren.

     

    Die Windkraftbranche ist die Chance für Bremerhaven ein neues industrielles Standbein aufzubauen, un damit Facharbeiter und Ingenieure (gerne auch weiblich) mit jungen Familien anzuziehen.

     

    Wer das nicht sieht, lebt wahrscheinlich im Parallelkosmos des grün-biedermeilichen Beamtentums, dem die Arbeitsmarktchancen abhängter Bremerhavener einen feuchten Kericht interessieren.

     

    Ein Offshore-Terminal kann man schlecht mit touristischen Prestige-Projekten wie Spacepark, Galopprennbahn oder dem Musicaltheater vergleichen. Hierbei geht es um Infrastruktur für eine Industriebetriebe, die bereits in Bremerhaven ansässig sind, und wachsen sollen.

     

    Die Kritik, dass im gleichen Atemzug notwendiges Geld bei der Bildung nicht vorhanden sein soll, will ich mal als berechtigt stehenlassen. Allerdings muss man dabei auch bedenken, dass sich genau jetzt die Hauptstandorte für diesen Wirtschaftszweig herauskristalisieren und sich der Senat entscheiden muss, ob er Bremerhaven diese Chance ermöglicht oder eben nicht.

  • OV
    Olav van Gerven

    Eine Bildungssenatorin geht, weil die Etats unverantwortlich gekürzt werden. Die Bürgerschaft ist nicht in der Lage das verfassungsrechtlich garantierte Recht auf eine der Begabung entsprechende Bildung zu gewährleisten, die Arbeitsbedingungen der Lehrpersonen in Bremen sind krankmachend.

     

    Also ist es richtig mal eben so 180 Millionen buchstäblich ins Meer zu werfen...

     

    Habe ich was verpasst, oder war Wahnsinn eine Bedingung um in der Bremer Bürgerschaft gewählt werden zu können?

  • TE
    Thomas Elias

    !!SCHNAPPATMUNG!!

     

    Mit dem Space Park wurden ja schon 300 Arbeitsplätze für knapp 3 Monate geschaffen. Besser hätte man so eine Dreiviertelmilliarde ja kaum einsetzen können.

     

    Warum sollte man also nicht 180 Millionen Euro für etwas verballern, dass am Ende dreimal soviel kostet und pleite geht?

     

    Warum mit liebgewonnener Tradition brechen?

     

    Wie wäre es mit einem Bremer Großprojekt?

    Dieser Satz hängt so in der Luft und hält die Hand auf (s. Jacobsuni, Musicaltheater, Galopprennbahn, Hemelinger Abmarsch).

     

    Haut die Knete raus, Leute! Es wird ja niemand haftbar gemacht...