Nigeria im Wahlkampf: Mit Gesicht, aber ohne Thema

Wirtschaft, Sicherheit, Korruption: Darüber reden alle in Nigeria. Eine wirkliche inhaltliche Debatte vor der Wahl am 16. Februar fehlt jedoch.

Mehere Männer und eine Frau sitzen in einer Reihe.

Im Wahlkampf: Präsident Buhari (2.v.l.) bei einer Veranstaltung in Maiduguri am Montag Foto: reuters

ABUJA taz | Das klingt nach einer Sensation: Die nigerianische Behörde gegen den Menschenhandel (Naptip) hat bekannt gegeben, dass sie 20.000 Mädchen in Mali befreit habe. Laut Direktorin Julie Okah-Donli habe man Informationen aus dem Nachbarland erhalten und dann ermittelt. Viele waren wohl entführt worden und sollen bei ihrer Befreiung noch ihre Schuluniform getragen haben.

Egal, wo man in Nigeria unterwegs ist: Das Geschäft mit dem Kidnapping boomt. Einige Landstraßen sind besonders berüchtigt. Banditen überfallen zunehmend nicht nur Dörfer, brennen Häuser ab und stehlen Nahrung und Mopeds; sie finanzieren sich auch durch Erpressung von Lösegeld.

Die jungen Nigerianerinnen in Mali sollten entweder im Norden zur Prostitution gezwungen oder von Menschenhändlern nach Malaysia gebracht werden. Okah-Donli sagt, täglich würden mindestens 500 Personen in die Hände von Menschenhändlern fallen.

Das klingt nach einem gefundenen Wahlkampfthema, mit dem sich der All Progressives Congress (APC) des amtierenden Präsidenten Muhammadu Buhari (76) vor der Wahl am 16. Februar brüsten könnte. Themen wie Menschenhandel und Migration – vor allem bei jungen Frauen hängt das oft zusammen – haben bislang aber keinen Einzug in den Wahlkampf gefunden. Niemand spricht darüber. In Europa wird Nigeria vor allem mit Migration in Verbindung gebracht. Im Land selbst ist das aber ein Randthema.

Zwischen Boko Haram und einer rasant wachsenden Bevölkerung von über 180 Millionen Menschen: Nigerias Zukunft wird die ganz Afrikas prägen. Vor der Wahl am 16. Februar reist taz-Korrespondentin Katrin Gänsler kreuz und quer durch ein weithin unbekanntes Land.

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„Bisher hat es kaum Inhalte gegeben“, kritisiert in Abuja Umar Pate, Professor für Medienwissenschaft an der Bayero-Universität in Kano. Zwar hätten die Kandidaten Wahlkampfprogramme, „der Fokus liegt aber auf Personen und nicht auf Themen. Dabei müsste sich jeder Kandidat mit Fragen nach Sicherheit, Korruption, Infrastruktur und Bildung befassen. Sie greifen sich jedoch nur gegenseitig an.“

Wenn es überhaupt dazu kommt. Am Samstagabend erschien Buhari nicht einmal zu einem geplanten TV-Duell. Kurzerhand betrat auch sein ärgster Konkurrent, Atiku Abubakar (72) von der People’s Democratic Party (PDP), nicht das Podium. Vier Tage zuvor hatte es der APC bei einer ähnlichen Veranstaltung vom Centre for Democracy and Development (CDD) nicht einmal für nötig befunden, überhaupt jemanden zu schicken.

Grafik: infotext

Für die weniger bekannten Kandidaten, von denen man bis vor Kurzem nicht einmal die Namen kannte, ist das eine Chance. Einer von ihnen ist Tope Kolade Fasua (47) von der Abundant Nigeria Renewal Party (ANRP), der sich als Wirtschaftsexperte präsentiert. „Gesichter sind wichtig“, sagt er, „Geld aber auch.“

Letzteres – nach eigenen Angaben zwischen 72.000 und 96.000 Euro – hat er unter anderem in Flyer gesteckt, die er nach der zweistündigen Veranstaltung so vielen Zuschauern wie möglich in die Hände drückt. „15 verschiedene Designs mit 15 Themen“, erklärt er, „damit wir endlich eine inhaltliche Diskussion haben.“ Dann posiert er noch für jede Menge Selfies. Neben Themen zählen die Gesichter am Ende eben doch auch.

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