Nigeria im Wahlkampf: Wählst du einen Opa…

An Nigerias renommiertester Universität in Ibadan ist von Wahlkampf nichts zu sehen. Von Studenten auch nicht. Die haben andere Sorgen.

Leute und eine Schlange auf der Straße

Ob sich am Wahltag lange Schlangen bilden? Foto: Katrin Gänsler

IBADAN taz | Hinter einem dunkelgrauen Tor beginnt im Südwesten Nigerias die Welt von Forschung und Lehre. Hier, mitten in der lauten 3,3 Millionen-Einwohner-Stadt Ibadan, liegt Nigerias älteste Universität, gegründet 1948 zunächst als Ableger der Universität London.

Jährlich verlassen die „UI“ rund 3.000 Studenten mit Master-Abschluss sowie 250 mit einem Doktor­titel. Die weltberühmten Schriftsteller Wole Soyinka und Chinua Achebe studierten ebenso in Ibadan wie Umweltaktivist Ken Saro-Wiwa.

Im Wahlkampf 2019 ist von den Studierenden nichts zu sehen. Das weitläufige Gelände wirkt verlassen. Ab und zu fährt ein Auto vorbei. Der Grund: Seit 4. November hat die Gewerkschaft der Wissenschaftler und Dozenten (ASUU) einen unbefristeten Streik ausgerufen.

In Nigeria passiert das ständig: Neben der knappen Bezahlung ist vor allem der Ärger über die schlechte Ausstattung groß.

„Wir haben schon genügend Stress“

Samuel Oke lächelt gequält. „Wer nicht an einer Privatuni studiert, wird im Laufe seines Studiums einen Streik erleben.“ Wer großes Pech hat, studiert mitunter doppelt so lange wie geplant. Für Oke, der im Masterstudium die Yoruba-Sprache studiert, ist das extrem lästig.

„Wir haben schon genügend Stress. Wir kriegen wenig Schlaf. Manchmal reicht das Geld kaum für das Essen. Wenn wir monatelang zu Hause sind, dann wollen wir nur eins: schnell wieder zurück an die Universität.“

Im Wahlkampf ist das kein Thema. Dabei sind 22,3 der gut 84 Millionen Wähler Studierende und Auszubildende. Interessant sind sie aber nur als Wahlkampfhelfer.

Zu einem der Kandidaten fühlen sich Studenten nicht hingezogen. Beide aktuellen Spitzenkandidaten, Muhammadu Buhari und Atiku Abubakar, könnten ihre Großväter sein.

Die Regierungspartei APC (All Progressives Congress) wirbt zwar mit dem Programm N-Power, das Hochschulabsolventen bezahlte Praktika und spätere Jobchancen bietet. Bis September 2018 haben eine halbe Million Nigerianer daran teilgenommen. Doch niemand fragt, unter welchen Bedingungen.

Ausweg Privatuni

Der einzige Ausweg ist – wie so oft in Nigeria – die Privatisierung. Aktuell sind 75 Privathochschulen akkreditiert, die Zahl steigt. Doch an privaten Spitzenunis wie der Amerikanischen Universität Yola müssen pro Semester aktuell mindestens umgerechnet 3.500 Euro gezahlt werden.

Wer es billiger will, kann Pech haben: vergangenes Jahr veröffentlichte die zuständige Behörde eine Liste von 58 Privatunis ohne Zulassung. Ihre Abschlüsse sind wertlos.

So setzt Samuel Oke lieber auf den guten Ruf der Universität Ibadan – trotz Streik. „Die Universität ist auch außerhalb Nigerias bekannt. Das ist besser als ein Abschluss von einer unbekannten Privatuniversität.“

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.