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Niederlande weiter auf RechtskursNeuer Abschiebedeal mit Uganda

Ungeachtet menschenrechtlicher Bedenken will die niederländische Regierung in einem Pilotprojekt abgelehnte Asyl­be­wer­be­r*in­nen nach Uganda abschieben.

David Van Weel, Minister für Asyl und Migration, hier im Juni in Den Haag Foto: Laurens van Putten/epa

AMSTERDAM taz | Die Niederlande wollen abgelehnte Asylbewerber*innen, die nicht in ihre Herkunftsländer zurückgebracht werden können, künftig nach Uganda abschieben. Dort soll ein Transit-Zentrum entstehen, von dem aus sie später in die entsprechenden Länder zurückkehren. Außenminister David van Weel, Mitglied der liberal-rechten Volkspartij voor Vrijheid en Democratie (VVD), unterzeichnete am Rande der UN-Versammlung in New York mit seinem ugandischen Amtskollegen Odongo Jeje Abubakhar eine entsprechende Absichtserklärung.

Wie die Tageszeitung Volkskrant berichtet, soll es sich zunächst um ein Pilot-Projekt mit einigen Dutzend Personen handeln. Van Weel geht davon aus, dass die detaillierte juristische Ausarbeitung ein halbes bis dreiviertel Jahr in Anspruch nehme. Zudem sei abzuwarten, ob Betroffene mit Hilfe von Gerichtsprozessen ihren Transport nach Uganda zu verhindern versuchen.

Van Weel, auch Minister für Asyl und Migration, gab an, man werde die Pläne „so schnell wie möglich, aber sorgfältig“ umzusetzen. Er sprach von „einer neuen Möglichkeit, diese Gruppe in der Region unterzubringen, bis sie in ihr Herkunftsland zurückgehen“.

Ganz neu ist die Idee freilich nicht. Die damalige Entwicklungshilfe-Ministerin Reinette Klever von der rechtspopulistischen Partij voor de Vrijheid (PVV) überraschte damit vor knapp einem Jahr während eines Besuchs in Uganda. Die Nachrichtensendung RTL Nieuws rekonstruierte später, dass es im Außenministerium in Den Haag schon 2023 Überlegungen zu einem Pilot-Projekt für ein Ausreisezentrum außerhalb Europas gab. Die Niederlande sollten damit eine Vorreiter-Rolle innerhalb der EU spielen. Zu diesem Zeitpunkt orientierten sich mehrere Mitgliedsstaaten am -inzwischen beendeten- britischen Ruanda-Modell.

Von Rechtsaußen getrieben

Ersichtlich wird daraus, wie eine immer restriktivere Immigrationskontrolle und das Prinzip einer Unterbringung außerhalb der EU-Außengrenzen bereits unter der Regierung von Van Weels Parteikollegen Mark Rutte Thema war – nicht zuletzt um der zuwanderungsfeindlichen PVV den Wind aus den Segeln zu nehmen. Vergebens, denn diese gewann Ende 2023 die Parlamentswahlen deutlich.

Die folgende Rechts-Regierung, angetreten mit dem Ziel der strengsten Asylpolitik Europas, zerbrach im Juni, weil der PVV die neuen Asylgesetze nicht schnell und radikal genug waren. Nach ihrem Rückzug bemühten sich die verbliebenen Parteien, Handlungsfähigkeit beim Thema Asyl und Migration zu demonstrieren – nicht zuletzt hinsichtlich der Neuwahlen am 29.Oktober. Van Weel betonte am Donnerstag, das Uganda- Abkommen sei kein Wahlkampfprojekt seiner Partei, sondern genieße breite Unterstützung.

Zudem sagte der Minister, das Abkommen müsse im Einklang sein mit niederländischem, europäischem und internationalen Recht. Der Schutz der Menschenrechte der Betroffenen stünde im Vordergrund. Wie dies garantiert werden soll, ist bislang nicht bekannt. Wegen der Menschenrechtssituation in Uganda hatte der Plan 2024 zu schwerer Kritik in den Niederlanden geführt. Die NGO Stichting Vluchteling nennt die Lage für Geflüchtete in Uganda „schlichtweg besorgniserregend“ und kritisiert besonders die berüchtigte LGBTQ-Gesetzgebung der autoritären Regierung Yoweri Musevenis.

Im BNR Nieuwsradio gibt Van Weel nun an, man wolle mit Hilfe der Internationalen Organisation für Migration (IOM) und des UNHCR verhindern, dass die Abgeschobenen in ugandischen Camps landen, in denen Geflüchtete aus ost- und zentralafrikanischen Nachbarländern untergebracht sind. Auf diese Weise könne das Projekt einen „Durchbruch für ein Problem bedeuten, mit dem viele europäische Länder schon länger kämpfen“.

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