Neues geschlossenes Heim in Hamburg: Das hatten wir schon mal
Wenn die Stadt wieder ein geschlossenes Heim will, muss sie sich den Bedenken stellen. Denn junge Menschen erlitten Schaden an solchen Orten.

D ie Ankündigung klingt ganz nett. Es gibt Hilfe für „psychisch belastete Kinder“. Eine Diagnostik soll herausfinden, wie Psychologen, Pädagogen und Ergotherapeuten sich am besten kümmern können. Es soll eine Hilfe für Kinder mit Schulproblemen sein, die es nicht aushalten mit anderen in der Klasse, ohne aggressiv zu werden. Oder Kinder, die für Betreuer nicht greifbar sind. Die Kinder durchlaufen „Stufen“. Dann, nach zwei Jahren, geht es zurück in die Familie.
Nur: das hatten wir schon mal. Auch die Konzepte für die inzwischen wieder dicht gemachten Heime Feuerbergstraße und Haasenburg hatten „Stufen“, Diagnostik-Phasen, und weitere repressive Elemente. Der Senat plant mit einem Sicherheitsdienst. Es soll Richter-Beschlüsse geben, die die Kinder zwingen, im Heim zu bleiben. Ehemalige Bewohner solcher regiden Stufen-Heime können berichten, wie schädigend die sind. Wer diese jungen Menschen erlebt, lernt auch den Etiketten zu misstrauen, die benutzt werden, um Kinder in solche Heime zu stecken.
Plant Hamburg nun wieder so ein Heim, dann ist es in der Pflicht, sich dieser jüngeren Geschichte und allen Bedenken zu stellen. Stattdessen wird heimlich geplant. Zudem ist nun die Zielgruppe mit neun bis 13 so jung wie nie. Hier droht ein Kinderknast.
Die in der Welt zitierten Beispiele überzeugen nicht. Ein Neunjähriger, der seine Klasse nicht aushält, braucht eine andere Art von Schule. Ihn auch noch von der Familie zu trennen, ist brutal. Auch Kinder, die vernachlässigt wurden, brauchen individuelle Hilfe im möglichst familiären Rahmen. Dass diesen eine Institution bieten sollte, die auf Security setzt und gleich 16 Kinder mit Problemen an einer Stelle zusammenbringt, ist nicht plausibel.
Die Hamburger SPD steht für rechte Law-and-order-Politik. Von den Grünen ist man das nicht gewöhnt. Einziger Trost: das Heim geht erst 2024 in Betrieb. Bis dahin kann sich die Debatte noch mal drehen.
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!