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Neues geschlossenes Heim in HamburgDas hatten wir schon mal

Kaija Kutter
Kommentar von Kaija Kutter

Wenn die Stadt wieder ein geschlossenes Heim will, muss sie sich den Bedenken stellen. Denn junge Menschen erlitten Schaden an solchen Orten.

Auch die Haasenburg-Heime in Brandenburg hatten Diagnostik-Phase und Stufen-Konzept Foto: Patrick Pleul/dpa

D ie Ankündigung klingt ganz nett. Es gibt Hilfe für „psychisch belastete Kinder“. Eine Diagnostik soll herausfinden, wie Psychologen, Pädagogen und Ergotherapeuten sich am besten kümmern können. Es soll eine Hilfe für Kinder mit Schulproblemen sein, die es nicht aushalten mit anderen in der Klasse, ohne aggressiv zu werden. Oder Kinder, die für Betreuer nicht greifbar sind. Die Kinder durchlaufen „Stufen“. Dann, nach zwei Jahren, geht es zurück in die Familie.

Nur: das hatten wir schon mal. Auch die Konzepte für die inzwischen wieder dicht gemachten Heime Feuerbergstraße und Haasenburg hatten „Stufen“, Diagnostik-Phasen, und weitere repressive Elemente. Der Senat plant mit einem Sicherheitsdienst. Es soll Richter-Beschlüsse geben, die die Kinder zwingen, im Heim zu bleiben. Ehemalige Bewohner solcher regiden Stufen-Heime können berichten, wie schädigend die sind. Wer diese jungen Menschen erlebt, lernt auch den Etiketten zu misstrauen, die benutzt werden, um Kinder in solche Heime zu stecken.

Plant Hamburg nun wieder so ein Heim, dann ist es in der Pflicht, sich dieser jüngeren Geschichte und allen Bedenken zu stellen. Stattdessen wird heimlich geplant. Zudem ist nun die Zielgruppe mit neun bis 13 so jung wie nie. Hier droht ein Kinderknast.

Die in der Welt zitierten Beispiele überzeugen nicht. Ein Neunjähriger, der seine Klasse nicht aushält, braucht eine andere Art von Schule. Ihn auch noch von der Familie zu trennen, ist brutal. Auch Kinder, die vernachlässigt wurden, brauchen individuelle Hilfe im möglichst familiären Rahmen. Dass diesen eine Institution bieten sollte, die auf Security setzt und gleich 16 Kinder mit Problemen an einer Stelle zusammenbringt, ist nicht plausibel.

Die Hamburger SPD steht für rechte Law-and-order-Politik. Von den Grünen ist man das nicht gewöhnt. Einziger Trost: das Heim geht erst 2024 in Betrieb. Bis dahin kann sich die Debatte noch mal drehen.

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Kaija Kutter
Redakteurin taz-Hamburg
Jahrgang 1964, seit 1992 Redakteurin der taz am Standort Hamburg für Bildung und Soziales. Schwerpunkte Schulpolitik, Jugendhilfe, Familienpolitik und Alltagsthemen.
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