Neues Wohnprojekt: Solidarisch wohnen
In Huckelriede entsteht ein Haus in Trägerschaft eines Vereins: Dessen sozialer Anspruch geht übers Ziel, billigen Wohnraum zu schaffen, hinaus.
![](https://taz.de/picture/125696/14/web-wohprojektbild.jpg)
Das Wohnprojekt Mosaik sucht nach Bewohnern, die mit den InitiatorInnen gemeinschaftlich unterm eigenen Dach zusammen leben möchten. Mit Glück soll das Haus in Huckelriede schon Ende des Jahres bezugsfertig sein. Für die wenigen verbliebenen Wohnungen gibt es InteressentInnen – gesucht werden vor allem Familien.
Wohnprojekte wie diese sind seltenin Bremen. Private Initiativen versuchen kaum einmal, Wohnraum zu schaffen, der nicht bloß nach wirtschaftlichen Kriterien gestaltet wird, sondern soziale Ansprüche formuliert. Für Vorstandsmitglied Michael Groher und seine Ehefrau Magrit Roos stand schon vor Jahren fest, dass sie etwas anderes wollen, als eine Wohnung im anonymen Block. „Im Rentenalter einfach so neben anderen herzuleben, wollten wir auf keinen Fall“, sagt Groher. Über die „Bauen und Leben eG“ fanden sie Gleichgesinnte und begannen vor fünf Jahren, gemeinsam nach alternativen Wohnformen zu suchen.
In der Gruppe haben sich Familien, Paare und Singles zusammengefunden – ohne soziale Auslese quer durch die Bevölkerungsschichten. Alle bringen ihre eigenen Vorstellungen und Bedürfnissen mit: „Wir haben vier Jahre lang die unterschiedlichsten Varianten durchgespielt und nach geeigneten Grundstücken gesucht“, erinnert sich Roos. Nach langen Verhandlungen mit der Stadt und kommerziellen Wohnungsbauern haben sie 2011 das Grundstück im Cambrai-Dreieck zwischen Niedersachsendamm und Buntentorsdeich gekauft.
Darin ist Platz für 20 Parteien. „Der soziale Anspruch geht über günstiges Wohnen hinaus“, sagt Groher: Alle Einheiten sollen barrierefrei sein und der Bau auch nach ökologischen Gesichtspunkten geplant werden. Ideen wie diese werden auf regelmäßigen Treffen des Vereins erarbeitet. Gemeinsam und in Fachausschüssen diskutieren die künftigen Nachbarn die Gestaltung ihres Hauses und grundsätzliche Fragen des Miteinanders.
Anfangs habe da eine Menge Idealismus und wenig Konkretes gestanden, aber inzwischen hätten sich die Bauherren und damen „zu richtigen ExpertInnen für Bauwesen, Finanzierung und Innenarchitektur entwickelt“, sagt Roos. Bei Fragen, die das eigene Leben unmittelbar betreffen, entwickelte sich eine komplexe Gruppendynamik. „Wir mussten lernen, auch Konflikte miteinander auszutragen“, sagt Groher. Um das mit dem nötigen Fingerspitzengefühl anzugehen, greift die Gruppe auch auf Mediation von außen zurück.
Besonders energisch diskutiert wurde das Finanzierungskonzept: Formal wird das Haus einer GmbH gehören, deren einziger Gesellschafter der Verein Mosaik ist. Die Bewohner mieten also von sich selbst.
Weil die zum Bau benötigten Kredite an Eigenkapital gebunden sind, zahlt jede Partei 25 Prozent des Werts ihrer Wohnung ein. Das sind 665 Euro pro Quadratmeter. So jedenfalls die Idee. „Tatsächlich haben einige erheblich mehr und andere auch weniger bezahlt“, sagt Groher. „Da mussten wir in jedem Einzelfall eine solidarische Lösung finden.“
Freiwillig mehr Geld in das Projekt zu tragen, sei aber keine Frage selbstloser Nächstenliebe: Bei knapp zwei Prozent Zinsen sei die GmbH auch eine „sichere Geldanlage, die heute für viele Menschen attraktiv ist“, so Groher. Auch wenn die Gruppe als Mehrgenerationenprojekt weit in die Zukunft plant, binden sich die BewohnerInnen nicht auf ewig an das Projekt. „Wenn sich eine neue Lebensperspektive entwickelt, bekommt man die Einlage natürlich zurück“, sagt Groher. Es müsse nur sichergestellt sein, dass dadurch nicht das ganze Projekt „in Schieflage gerate“.
Aber nicht nur, wenn es um Geld geht, sollen individuelle Bedürfnisse und Entscheidungen gewahrt bleiben. Was Groher „verbindliche Nachbarschaft“ nennt, bedeutet, zu wissen, wer nebenan wohnt und gerne mit diesen Menschen umzugehen. Es ist aber niemand verpflichtet, bedürftige NachbarInnen zu pflegen oder „vor dem Plenum plötzlich für alle möglichen Lebensfragen Rechenschaft abzulegen“.
Infotreffen: Sonntag, 2. Februar, 15 Uhr. Anmeldung: . Informationen über Mosaik als soziale Geldanlage: .
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!