Neues Polizeigesetz für Berlin: Mehr Rechte für die Polizei
Taser und Bodycams kommen und auch die Präventivhaft wird verlängert. Doch nicht alle Repressionswünsche gegen Klimaprotestler sind durchsetzbar.
Beide Lesarten zugleich zeigen sich in der Einigung, den Präventivgewahrsam zu verlängern. Dabei geht es um das Festhalten von Personen nicht für begangene, sondern zur Verhinderung zukünftiger Straftaten. Maximal 48 Stunden ist das in Berlin bislang möglich. Nun soll zumindest bei schweren Straftaten gegen Leib und Leben oder bei Sexualdelikten der Unterbindungsgewahrsam auf fünf Tage ausgeweitet werden; im Falle einer bevorstehenden terroristischen Tat gar auf sieben. Für Ordnungswidrigkeiten und geringfügige Delikte soll er bei 48 Stunden bleiben.
Das Ziel der Ausweitung war im Koalitionsvertrag festgehalten worden. Anlass und Begründung der vorausgegangenen Debatte waren die Proteste der Letzten Generation. Innensenatorin Iris Spranger (SPD) wollte den Präventivgewahrsam erhöhen, „damit es sie endlich abschreckt“ – und dies auch gegen einen SPD-Parteitagsbeschluss durchsetzen. Die CDU hatte noch vor der Wiederholungswahl einen Antrag auf Verlängerung des Gewahrsams eingebracht; von Kai Wegner begründet mit den „Wiederholungstätern“ der Letzten Generation.
Nun sagt der innenpolitische Sprecher der SPD-Fraktion Martin Matz, der zusammen mit seinem CDU-Kollegen Burkhard Dregger den Entwurf erarbeitet hat: „Wir wollen keine Scheinlösungen schaffen.“ Die Ausweitung auch für geringfügige Straftaten würde „kaum praktische Relevanz entfalten“, so Matz. Schon jetzt sind richterliche Anordnungen eines Präventivgewahrsams für Klimaaktivist:innen die Ausnahme. Dies mussten letztlich wohl auch die Hardliner einsehen.
Populismus trifft auf Rechtsstaat
Immer wieder waren Bestrafungsforderungen gegen Klimaaktivist:innen an der rechtsstaatlichen Wirklichkeit gescheitert. Vergangene Woche hatte das Verwaltungsgericht in einem Eilverfahren entschieden, dass die Polizei keine – von Spranger und Co. ebenso geforderten – Gebühren für das Ablösen eines festgeklebten Aktivisten verlangen durfte. Ein regelrechter Fehlschuss war der Versuch, „Klimakleber“ im Eilverfahren abzuurteilen. Regelmäßig liegen die Bedingungen hierfür nicht vor.
Um zumindest den kurzen Präventivgewahrsam häufiger vor Gericht durchzubekommen, enthält die Novelle Konkretisierungen, etwa die Ankündigung einer Straftat, eine wahrscheinliche Wiederholung von bereits begangenen Taten oder das Auffinden von Waffen und gefährlichen Gegenständen. Die ersten beiden Punkte dürften direkt auf die Letzte Generation zielen.
Laut Matz blieben diese Anwendungsbeispiele „erheblich hinter anderen Bundesländern zurück“ Derweil befürchtet der Grünen-Innenpolitiker Vasili Franco: Der Präventivgewahrsam „kann zukünftig jedem drohen, der auf eine Demo geht“.
Der Taser kommt
Das neue Polizeigesetz wird zudem Sprangers Lieblingswaffe mit einem Status als polizeiliches Eingreifmittel versehen: den Taser. Die Elektroschocker sollen verwendet werden dürfen, wenn dadurch der Gebrauch der Schusswaffe oder aber auch des Schlagstocks, „bei dem eine erhebliche Gesundheitsbeeinträchtigung zu besorgen ist“, vermieden werden kann. Der Taser, dessen Einsatz in den vergangenen drei Jahren zu bundesweit sieben Todesfällen führte, soll demnach als „milderes Mittel“ gelten.
Für Matz geht es um „besondere Situationen“, insbesondere damit „Schusswaffengebrauch unterbleiben kann“. Franco warnt vor einem „Freifahrtschein für mehr Eskalationen und mehr Verletzte durch Polizeieinsätze“.
Spranger hatte vor einem Jahr trotz eines laufenden, nicht ausgewerteten Taser-Modellprojekts im Alleingang der Polizei die Beschaffung von 300 weiteren Geräten versprochen. Mit der Änderung des Asog steht einer regelhaften Ausstattung der Polizeikräfte nichts mehr im Wege. Die Polizeigewerkschaft GdP dankte den Beteiligten, „die sich unseren langjährigen Forderungen entschlossen angenommen haben. Die vereinbarten Regelungen entsprechen durchgehend unseren Erwartungen.“
Zufrieden ist die Polizeigewerkschaft demnach auch mit der Ausweitung der Bodycams, deren Einsatz dauerhaft ermöglicht werden soll. Angeschaltet werden sollen sie zukünftig, wenn die Polizei mit körperlichem Zwang vorgeht oder wenn Betroffene dies verlangen. Auch der Einsatz in Privaträumen wird geregelt: Aufnahmen sind demnach dann möglich, wenn es Anhaltspunkte gibt, „dass dies zur Abwehr einer Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit der Person erforderlich ist“, etwa in Fällen häuslicher Gewalt. Hinzu kommen Dashcams – Kameras für Polizeiautos.
Die Diskussion über das Gesetz im Innenausschuss und Abgeordnetenhaus und die endgültige Verabschiedung steht noch aus. Laut Matz plant die Koalition danach eine weitere größere Überarbeitung des Gesetzes.
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