Neues Online-Rollenspiel „Destiny“: So teuer wie kein anderes Game
Der Sci-Fi-Online-Shooter kostete 500 Millionen Dollar. Die wurden gleich nach Veröffentlichung wieder eingespielt. Was sagt das über die Qualität des Spiels?
Bislang galten Hollywoods Blockbuster als die teuersten Produktionen der Medienbranche, doch Onlinespiele schließen langsam aber sicher zur obersten Preisklasse in dem Gewerbe auf. Das Sci-Fi-Game „Destiny“, das am vergangenen Dienstag auf den Markt gebracht wurde, hat stolze 500 Millionen Dollar gekostet und toppt damit sogar Hollywood-Produktionen wie „Fluch der Karibik 3“ (300 Millionen Dollar) oder „Spider Man 3“ (258 Millionen Dollar).
Es ist damit der teuerste Start einer neuen Marke in der Spiele-Geschichte. Umso erstaunlicher ist: „Destiny“ fuhr nach Angaben seines Verlegers, des kalifornischen Computer- und Videospiele-Konzerns Activision/Blizzard, seine Produktionskosten gleich am ersten Tag wieder komplett ein. Das schaffte in der Vergangenheit nur „Grand Theft Auto V“ mit 800 Millionen Dollar Umsatz am Erscheinungstag.
„Destiny“ ist eine Entwicklung der Firma Bungie und als Online-Rollenspiel konzipiert, das Tausende von TeilnehmerInnen in einer großen Spielwelt miteinander verbindet. Im Gegensatz zu anderen Rollenspielen verlangt „Destiny“ aber keine monatliche Gebühr. Lediglich einmalige 60 Euro sind für das Spiel zu zahlen.
Laut Activision/Blizzard und Bungie soll die Spielwelt von „Destiny“ über die Jahre wachsen. Außerdem soll das Game zeigen, wozu die Konsolen der neuesten Generation von „Playstation 4“ und „Xbox One“ technisch in der Lage sind. Vorschauvideos und Screenshots bestätigen, dass „Destiny“ grafisch einen sehr guten Eindruck macht.
Die Entwickler von Bungie sind in der Konzeption von Sci-Fi-Spielen erfahren. Die US-Amerikaner schufen 2001 die bekannte Spieleserie „Halo“ und etablierten damit Ego-Shooter auf der Konsole.
Eine dauerhafte Zusammenarbeit?
Die 500 Millionen Dollar flossen Activision/Blizzard zufolge nicht nur in die Entwicklung, sondern auch in Produktion und Marketing. Mit „Destiny“ wagt sich der US-amerikanische Konzern an einen neuen Vertriebsansatz: Mit Bungie hat er einen Exklusivvertrag abgeschlossen. „Destiny“ soll zur Reihe werden, noch drei weitere Teile sollen in den nächsten zehn Jahren entwickelt werden.
Der Vertrag ist jedoch an zahlreiche Bedingungen geknüpft. Beispielsweise muss sich der Titel innerhalb der ersten sechs Monate fünf Millionen Mal verkaufen, ansonsten platzt der Deal. Jörg Luibl, Chefredakteur des Computer- und Videospielmagazins „4players“, nannte dies eine für die Spielekultur kontraproduktive Entwicklung. Kreativität und Fortschritt würden im Fall von „Destiny“ einer profitablen Entwicklung im Sinne eines starren Jahresplanes weichen. Nicht die spielerische Vision, sondern die wirtschaftliche Absicherung sei hier die Prämisse.
Nicht ohne Risiko
Es ist nicht ohne Risiko, so viel Geld in eine noch unbekannte Marke zu investieren. Blizzard hat in der Vergangenheit aber bereits mehrfach sein gutes Gespür für potenzielle Franchise-Unternehmungen bewiesen, etablierte das Studio doch die „Warcraft“- und „Starcraft“-Universen.
Das 2005 erschienene Online-Rollenspiel „World of Warcraft“ verliert allerdings seit mehreren Jahren konstant Abonnenten. Activision/Blizzard, das auch selbst Spiele entwickelt, könnte mit „Destiny“ die dadurch entstehenden wirtschaftlichen Einbußen kompensieren, bis der neue hauseigene „Blizzard“-Titel „Titan“ erscheint.
Um Langzeitspaß zu garantieren, gibt es in „Destiny“ verschiedene menschliche Charaktere und außerirdische Exos, die sich im Weltall und auf Planeten wie Venus, Mars und Mond heftige Gefechte liefern. Dazu kommt ein Player-vs-Player- (PvP) und ein kooperativer Modus.
Für Abwechslung sollen unterschiedliche Spielklassen sorgen. Der „Hunter“ hält wenig aus, ist dafür aber umso geschickter. Der „Titan“ ist der Mann für die schweren Kanonen mit dicker Rüstung, der „Warlock“ wirkt wie ein futuristischer Magier. Ein für Rollenspiele typischer Talentbaum soll ebenfalls im Spiel enthalten sein.
Erste Ernüchterung
Erste Zwischenfazits von Redakteuren diverser Spielemagazine sorgten indes eher für Ernüchterung. Computerbild-Spiele kritisierte, dass der Geschichte ein roter Faden fehle, die Charaktere klischeehaft wirkten und die Missionen eintönig seien. Auch die französische Webseite musgra.fr kritisiert mangelnde Abwechslung. Die optische Präsentation sei hingegen hervorragend.
„Destiny“-Entwickler Bungie warnte daraufhin die Spieletester, den Titel vorschnell zu bewerten. Man müsse mindestens bis Maximallevel 20 spielen, um einen repräsentativen Gesamteindruck vom Spiel zu erhalten.
Innerhalb der nächsten Tage werden die ersten vollständigen Tests zu „Destiny“ erscheinen. Dann wird sich zeigen, ob der Titel ein komplexes Online-Rollenspiel mit Langzeitmotivation ist oder lediglich oberflächliche Schauwerte zu bieten hat. Inwieweit unter einer dauerhaften, exklusiven Vertragsbindung die Spielequalität leidet, lässt sich zum jetzigen Zeitpunkt aber noch nicht sagen.
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