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Neues „Monkey Island“-GameDreiköpfige Affen und ein Kult

Seit 30 Jahren gehört „Monkey Island“ zu den absoluten Klassikern. Jetzt wird die Reihe fortgeführt. Wie geht das ohne ständige Wiederholung?

Knobelspiele mit den narrativen Qualitäten eines Films Foto: Nintendo

Als der legendäre Spieleentwickler Ron Gilbert im April dieses Jahres mitteilte, dass er nach über 30 Jahren wieder an einem Teil seiner Spielereihe „Monkey Island“ arbeitet, wurden Game­r*in­nen euphorisch: ein neues Kapitel der Reihe mit dem Pechvogelpiraten Guybrush Threepwood, von dem Erfinder höchstselbst? Das ist, als würden die Gallaghers noch mal für ein Oasis-Album zusammenkommen oder als würde Tom Cruise noch mal bei „Top Gun“fliegen. Kurz: Kultiger wird’s nicht. Und Kult verkauft, gerade in Zeiten nicht enden wollender Neuauflagen. Aber ganz so reibungslos lief es dann doch nicht.

Um zu verstehen, warum ein erschreckend gestriges Spielkonzept – das Point-and-Click-Adventure – heute noch jemanden interessiert, lohnt sich ein Blick auf die Bedeutung der „Monkey Island“-Reihe für die Videospielwelt. Zwar war schon 1990 die Idee einer spielbaren Abenteuergeschichte nicht ganz neu, die drei Entwickler, Ron Gilbert, Tim Schafer und Dave Grossman, stellten das Verhältnis von Gameplay und Story aber vom Kopf auf die Füße.

„The Secret of Monkey Island“, wie der erste Teil hieß, war aber mehr als ein Knobelspiel. Es war ein Knobelspiel mit den narrativen Qualitäten eines Films. Die Entwickler entwarfen eine alberne und liebenswürdige Figur, die im Gegensatz zu den meisten Spiel­prot­ago­nis­t*in­nen der Zeit nicht sterben konnte. „Game over“ gab es nicht für Guybrush Threepwood. Spie­le­r*in­nen konnten höchstens an den kuriosen und oft nicht gerade intuitiven Rätseln verzweifeln – und aufgeben. Gilberts Kreation avancierte sofort zum Klassiker, wurde mehrfach zum „besten Spiel aller Zeiten“ gekürt und zeigte, dass Games ein Stück Popkunst sein konnten.

Trotz begrenzter technischer Möglichkeiten erlangten die Charaktere Tiefe, vor allem durch Gilberts „Cut Scenes“, nicht spielbare Videosequenzen, welche die Handlung fortführen – ein Konzept, ohne das heute kaum ein gutes Videospiel auskommt. Und: „Monkey Island“ war lustig und unnachahmlich harmlos. Niemand stirbt. Und auch die zahlreichen Schwertkämpfe sind allesamt eher Wortduelle, bei denen die Spie­le­r*in­nen ihr Gegenüber möglichst in der richtigen Reihenfolge kalauerig beleidigen müssen („Keine Worte beschreiben deine Hässlichkeit“ – „Doch, doch, du hast sie nur nie gelernt.“).

Dass sich „Monkey Island“ cineastisch spielte, war kein Zu­fall: Die Idee des „Insult Sword Fighting“ entwarf Ron Gilbert analog zu Piratenfilmen der 30er- und 40er-Jahre, in denen während der Fechtkämpfe sehr viel gesprochen wurde. Jüngere dürften sich bei Geisterschiffen und Möchtegernpiraten wohl eher an die Filmreihe „Fluch der Karibik“ erinnert fühlen, und tatsächlich ist „Monkey Island“ wie ebenjene Filme von der Disney-Geschichte „Pirates of the Carribean“ inspiriert, die 1967 für die Vergnügungsparks konzipiert wurde.

Buchstäbliche Wortgefechte, „dreiköpfige Affen“ und dazu ein bisschen Voodoo erwartet die Spie­le­r*in­nen auch im neuen Teil, „Return to Monkey Island“. Zwar bewegt sich Guybrush Threepwood noch immer durch eine charmante 2D-Welt, der Look wurde aber kräftig überarbeitet.

Auch inhaltlich kommt die Spielwelt zeitgemäßer daher. Im Hinterzimmer der Piratenbar sitzen keine drei alten Haudegen mehr, sondern zwei junge Frauen und ein Schwarzer Mann, die statt Grog zu saufen mit ihren beeindruckenden Piratenlebensläufen prahlen. Das kam – Fluch des Kults – nicht bei allen gut an. Nach „persönlichen Angriffen“, so schrieb es Ron Gilbert bereits vor Veröffentlichung, wolle er nichts mehr über den neuen Teil auf seinem Blog schreiben, „die Freude, mich mitzuteilen, wurde mir genommen“.

Die Videospielkritik empfing „Return to Monkey Island“ aber überwiegend positiv. Nichtkenner der Serie werden nicht jeden Meta-Gag und jeden Querverweis verstehen, dürften aber an der kurios unterhaltsamen Welt dennoch ihren Spaß haben. Dass dieses liebevolle Remake trotz seiner Verbeugung vor dem Klassiker ein Paar Fans vergraulte, hat eine gewisse Tragik – das ist aber nichts, was (Möchtegern-)Pirat*innen in die Flucht schlagen sollte.

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2 Kommentare

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  • Zunächst wundert mich die Formulierung "erschreckend gestriges Spielkonzept". Das Genre wurde Anfang der 2000er mal für tot erklärt, doch tatsächlich haben sich bloß die großen Publisher und Studios davon verabschiedet. Neue P&C-Spiele gab es aber immer, sowohl aus der Indie-Szene (z.B. von Wadjet Eye Games) als auch von weniger bekannten wie Daedalic aus Deutschland oder Revolution Software. Gestriger als der x-te First-Person-Shooter oder das alljährliche FIFA ist das Genre sicher nicht. Ein großes Problem war vor allem der Fokus auf immer bessere 3D-Grafik vor 20 Jahren, die bei dem Genre nicht gut funktioniert und auch nicht den Verkäufen hilft. Adventures leben von Geschichten und Charakteren.



    Cut scenes oder zu deutsch Zwischensequenzen gab es übrigens schon 1987 in Gilberts Spiel Maniac Mansion und waren in Monkey Island keine Neuheit mehr.



    Zu guter letzt: Es gab Aufregung und mitunter Angriffe unter der Gürtellinie wegen des Grafikstils, deretwegen Gilbert seinen Blog zumindest zeitweise geschlossen hat. Die neuen Piratenanführer und deren Geschlecht und Hautfarbe haben damit aber rein gar nichts zu tun, sie wurden auch erst danach der Öffentlichkeit vorgestellt.

  • Schmachvoll vergessen:



    Der nicht minder legendäre Soundtrack von Michael Land. www.youtube.com/watch?v=2chWp8K6PFE

    Ich spiele das seit über 20 Lenzen einmal im Jahr zu Weihnachten.



    Da ist viel Sentimentalität. Für Menschen ohne Nähe zu dem Medium vermutlich befremdlich ...



    "You fight like a dairy farmer!"