Neues Kabinett in Sachsen: Kretschmer bleibt Ministerpräsident
Mit knapper Mehrheit wird Michael Kretschmer (CDU) am Freitag erneut zum Ministerpräsidenten gewählt. Er warnt vor „Magdeburger Verhältnissen“.
Abweichler werden vor allem in der 45-köpfigen CDU-Fraktion vermutet. Fraktionschef Christian Hartmann kommentierte das Ergebnis nicht. Auf dem Sonderparteitag zum Koalitionsvertrag am 11. Dezember hatten sich fast ausschließlich Kritiker der „linksgrünen Handschrift“ und Befürworter einer CDU-Minderheitsregierung zu Wort gemeldet. Am Ende stimmte aber nur etwa jeder sechste Delegierte gegen den Vertrag. Für die auf zwölf Abgeordnete angewachsene Fraktion der Bündnisgrünen schloss Franziska Schubert Verweigerer in ihren Reihen aus.
Kurz vor seiner Wahl hatte Kretschmer im Landtag angedeutet, dass die permanenten Kenia-Koalitionskrisen in Sachsen-Anhalt eine Warnung seien und sich „Magdeburger Verhältnisse“ in Dresden nicht wiederholen sollten. Offenbar ist er sich auch seiner größten Herausforderung bewusst: die Sicherung eines möglichst breiten Rückhalts in seiner heterogenen CDU.
Auf dem Parteitag hatte er leidenschaftlich um Verständnis für Kompromisse mit den Koalitionspartnern geworben. Es sei ein „gutes Signal für die Demokratie in Sachsen, dass es möglich ist, in Ruhe und Sachlichkeit einen solchen Koalitionsvertrag auf die Beine zu stellen“, sagte er dann bei seiner offiziellen Dankesansprache. Ausdrücklich betonte er, „das gemeinsame Werk, Interessen des Landes in den Mittelpunkt zu stellen“.
Viele bekannte Gesichter
Grüne und SPD erhielten kurz vor der Ministerpräsidentenwahl indirekte Zustimmung vom Dachverband sächsischer Migrantenorganisationen. Der lobte den Koalitionsvertrag als „einen großen Schritt in Richtung einer vielfaltsbewussten Gesellschaft“. Die Mittelstandsvereinigung hatte ihn hingegen als unternehmerfeindlich kritisiert, unter anderem wegen des höheren Mindestlohnes im Auftrags-Vergabegesetz.
Im neuen Regierungskabinett sind viele bekannte Gesichter wieder vertreten. Erstmals stellen die Bündnisgrünen zwei Minister. Der bisherige Fraktionschef Wolfram Günther führt das Ministerium für Energie, Klimaschutz, Umwelt und Landwirtschaft und darf als Experte gelten. Die zweite grüne Spitzenkandidatin Katja Meier bringt als Justizministerin hingegen nur auf dem Feld der ebenfalls dort angesiedelten Gleichstellung Erfahrungen mit.
Die bisherige Sozialministerin Barbara Klepsch (CDU) als Kulturministerin ist auf diesem Gebiet gleichfalls noch nie in Erscheinung getreten. Über ihr steht in einer merkwürdigen Doppelspitzenkonstruktion noch der ehemalige Justizminister Sebastian Gemkow als Wissenschaftsminister.
Er kandidiert allerdings auch bei der Leipziger Oberbürgermeisterwahl am 2. Februar für die CDU gegen Amtsinhaber Burkhard Jung (SPD). Eine Überraschung ist die Berufung des ehemaligen Dresdner Stadtkämmerers Hartmut Vorjohann (CDU) zum Finanzminister. Vorjohann war im Dresdner Rathaus eher unpopulär und später ins Schulressort versetzt worden.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Exklusiv: RAF-Verdächtiger Garweg
Meldung aus dem Untergrund
Anschlag in Magdeburg
Auto rast in eine Menschenmenge auf dem Weihnachtsmarkt
Wahlprogramm von CDU und CSU
Der Zeitgeist als Wählerklient
Anschlag auf Magdeburger Weihnachtsmarkt
Vieles deutet auf radikal-islamfeindlichen Hintergrund hin
Kretschmer als MP von Linkes Gnaden
Neuwahlen hätten der Demokratie weniger geschadet
Streit um Russland in der AfD
Chrupalla hat Ärger wegen Anti-Nato-Aussagen