Neues Brandgutachten zu Oury Jalloh: Beharrlichkeit zahlt sich aus
Die Staatsanwaltschaft Dessau will den Brand simulieren lassen, der 2005 Oury Jalloh in einer Polizeizelle tötete. Zu verdanken ist das Aktivisten.
Wäre es nach der Justiz gegangen – nur eine Handvoll Menschen würden sich heute noch an Oury Jalloh erinnern. Der Fall wäre, man kann das heute mit Fug und Recht sagen, schnell zu den Akten gewandert, ohne dass geklärt worden wäre, was passiert ist. Aber heute, elf Jahre später, beschäftigt der mysteriöse Tod des sierra-leonischen Asylbewerbers im Polizeigewahrsam noch immer Richter, Staatsanwälte und Gutachter.
Am 18. August soll nun das Geschehen in der Zelle 5 des Gewahrsamstrakts des Dessauer Polizeireviers nachgestellt werden. Ein Schweizer Sachverständiger soll den Brand simulieren, bei dem der 36-jährige Jalloh im Januar 2005 starb. „Das machen wir, um Transparenz in dem jetzt laufenden Verfahren zu schaffen“, sagt Olaf Braun, Sprecher der Staatsanwaltschaft.
Festzuhalten ist vor allem eines: Beharrlichkeit zahlt sich aus. Die Initiative Gedenken an Oury Jalloh hat nicht aufgegeben, nach der Wahrheit zu suchen. Schon die schweren Verletzungen an Jallohs Leiche wären nie bekannt geworden, wenn die AktivistInnen nicht das Obduktionsergebnis der Staatsanwaltschaft in Zweifel gezogen. Sie veranlassten eine privat bezahlte, zweite Obduktion, die Frakturen am Schädel nachwies. Und so ging es weiter, durch zwei Verfahren und jahrelange Revisionsprozesse, als Nebenkläger.
Doch diese Verfahren sollten immer nur klären, ob die wachhabenden Polizisten zu langsam auf den Feueralarm reagierten. Dass Jalloh sich selbst angezündet hatte, wurde stets vorausgesetzt. Genau das zweifeln die AktivistInnen an.
Keine Euphorie
Als irgendwann alle Möglichkeiten ausgeschöpft schienen, gaben sie nicht auf: Sie sammelten Geld für ein Brandgutachten, das die Justiz selbst hätte bestellen sollen. Erst dann, 2013, nach dem Abschluss zweier Verfahren, als das Video von den Versuchen des privaten Brandgutachters der Presse ganz offensichtlich vor Augen führte, dass die Selbstentzündungsthese unplausibel ist, leitete die Staatsanwaltschaft ein neues Ermittlungsverfahren ein: gegen einen „Unbekannten“, der Jalloh angezündet haben könnte. Der nun geplante Brandversuch in zwei Wochen ist Teil des Verfahrens.
Die Jahre der Auseinandersetzung haben die AktivistInnen misstrauisch werden lassen. Zur Euphorie sehen sie deshalb keinen Anlass. Noch immer untersuche die Staatsanwaltschaft, die Frage nach dem offenbar manipulierten Feuerzeugrest nicht, klagen sie. Zur Brandsimulation wurde die Nebenklage erst am vergangenen Montag geladen – viel zu kurzfristig, um sich mit eigenen Gutachtern auf den Termin vorzubereiten, kritisiert die Initiative. Zudem sei sie im Unklaren darüber gelassen worden, wie der Brandversuch genau ablaufen soll. So argwöhnen sie, die Transparenzoffensive der Staatsanwaltschaft diene nur dazu, das Verfahren endgültig mit der Begründung „nicht mehr aufklärbar“ abzuschließen.
Sollten sie mit diesem Verdacht recht haben – sie würden die Justiz damit sicher nicht durchkommen lassen.
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