Neues Album von Lorde: Sonnenenergie mit Download-Code
Neuseelands Superstar Lorde liefert mit ihrem neuen Album „Solar Power“ hymnischen Folkpop. Zeitgleich warnt sie vor dem Klimawandel.
Noch bevor Ella Marija Lani Yelich-O’Connor, besser bekannt als Lorde, morgen überhaupt ihr neues, mit Spannung erwartetes drittes Album „Solar Power“ veröffentlicht, sorgt es bereits für Schlagzeilen. Nicht etwa wegen seiner Musik oder der Songtexte, nein, das Cover erregt die Gemüter.
So durfte US-Talkshow-Moderator Stephen Colbert es nicht in die Kamera halten, als die neuseeländisch-kroatische Sängerin in seiner Late-Night-Sendung kürzlich zu Gast war. Das verstoße gegen die Regeln des Senders CBS, sagte er.
Stein des Anstoßes: Eine Freundin fotografierte die Künstlerin für das Cover aus der Froschperspektive, als diese in einem Bikinihöschen am Strand über sie hüpfte. „Es fühlt sich unschuldig, verspielt und ein bisschen wild an“, kommentierte Lorde, die sich 2013 mit ihrem Hit „Royals“ weltweit in die Charts katapultierte, dieses Fotomotiv. Sicher steckt auch gewisses Promotionkalkül hinter dieser Motiventscheidung – wie das in der Musikbranche halt so üblich ist.
Wichtiger als das Cover sind die Songs. Und die beeindrucken auch diesmal. Lorde ist mutig genug, sich mit jedem neuen Werk weiterzuentwickeln. „The girls are dancing in the sand / And I throw my celluar device in the water / Can you reach me? No, you can’t (aha)“, singt die gerade 24-Jährige in „Solar Power“. Dazu verschmelzen zurückhaltende Gitarrenklänge mit dem Groove von Schlagzeuger Matt Chamberlain. Man kann dieses Lied sofort als folkigen Dreampopsong verorten.
Nicht erreichbar am Strand
Die Tatsache, dass er sich weder nahtlos in den elektronischen Pop-Klangkosmos des Vorgängers „Melodrama“ einfügt, der teilweise mit Klaviermelodien aufgehübscht wurde, noch so richtig zum Sound des zwischen wattigen Klängen und pochenden Bassdrums pendelnden Debütalbums „Pure Heroine“ passt, macht den neuen Entwurf von Lorde zu etwas Besonderem. Inhaltlich schürft dieser Song allerdings nicht unbedingt tief. Die Künstlerin beschreibt darin, wie sehr sie den Sommer und den Strand liebt – passenderweise tanzt Lorde im Video barfuß im Sand am Pazifik.
Lorde: „Solar Power“ (Universal)
Auf jeden Fall unterstreicht der Titelsong Lordes Intention, auf ihrem Album ihr Verhältnis zur Natur auszuloten. Das hat sie auch in dem sanft pluckernden „Oceanic Feeling“ versucht, dessen Sound am deutlichsten die Handschrift des Produzenten Jack Antonoff trägt. Auch das von der akustischen Gitarre geprägte Stück „Fallen Fruit“ beschäftigt sich mit dem Klimawandel. Da wirft Lorde der Generation ihrer Eltern zu federleichtem Folkpop zu Recht vor, diese hätte viel zu wenig zum Schutz des Planeten Erde getan. Dass die ersten Zeilen ausgerechnet während eines Fluges entstanden, ist, nun ja, bigott.
Immerhin veröffentlicht Lorde aus Umweltschutzgründen diesmal keine herkömmliche CD-Plastikhülle. Wer „Solar Power“ ersteht, bekommt eine plastikfreie Öko-Box mit Download-Code. Dazu gibt es etliche visuelle Inhalte – seien es handgeschriebene Notizen oder Fotos. Sie sollen die Musik ergänzen. Müsste man deren Essenz auf den Punkt bringen, dann ließe sich das wohl am ehesten so formulieren: Lorde hat erkannt, das weniger oft mehr ist. Der Auftaktsong „The Path“ kommt zwar noch recht druckvoll daher, ansonsten rückt eher ihr Gesang ins Zentrum. Bei „The Man with the Axe“ driftet er ins Sphärische ab, bei „Dominoes“ kommt das dunkel getönte, leicht rauchige Timbre ihrer Stimme voll zur Geltung.
Das dezent groovende „California“ beginnt wie ein Märchen: „Once upon a time in Hollywood / When Carole called my name“. Da lässt Lorde einen unvergesslichen Moment Revue passieren: Die berühmte US-Komponistin Carole King überreichte Lorde ihren ersten Grammy. Das sei der Beginn eines neues Lebens gewesen, erinnert sich die Neuseeländerin. Bloß war sie sich gar nicht sicher, ob sie tatsächlich für die Musikwelt geschaffen war. Sie fühlte sich nämlich abseits des Rampenlichts viel wohler. Wenn sie ihre (Selbst-)Zweifel in „California“ punktgenau festhält, beeindruckt sie mit ihrem Songschreiberin-Talent.
Empfohlener externer Inhalt
Mood Ring
Schon immer hat sie nicht nur über Dinge gesungen, die sie selbst beschäftigen, und wirkte von Anfang an reflektiert. Von außen, so scheint es, lässt sich die Neuseeländerin wenig vorschreiben. Obgleich sie ihren Mainstream-Erfolg vor allem dem Internet verdankte, hat sie sich inzwischen weitestgehend aus den sozialen Medien zurückgezogen. So ziemlich alle Instagram-Posts sind gelöscht, vom Twittern hat Lorde ebenfalls genug. Sie konzentriert sich nun ganz auf ihre Kreativität und klingt dabei unwiderstehlich.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Rekrutierung im Krieg gegen Russland
Von der Straße weg
Umfrage zu Sicherheitsgefühl
Das Problem mit den Gefühlen
Israelische Drohnen in Gaza
Testlabor des Grauens
Deutschland braucht Zuwanderung
Bitte kommt alle!
„Freiheit“ von Angela Merkel
Die Macht hatte ihren Preis
Gewalt an Frauen
Ein Femizid ist ein Femizid und bleibt ein Femizid