Neues Album von Frittenbude: Nachti, ick hör dir trapsen

Die Elektropunkband Frittenbude bringt „Apokalypse Wow“ raus. Darauf erweitert sie den eigenen Wirkungskreis und zeigt musikalische Vielfalt.

Johannes "Stritzi" Rögner und Jakob Häglsperger sind Frittenbude. Hier vor einem Dinosaurier

Keine Dinos: Stritzi Rögner und Jakob Häglsperger von Frittenbude Foto: Marie Poulain

„Gib mir einen roten Faden / Nach dem ich greifen kann / Und stumpfe Parolen / Die ich begreifen kann“, rappt Johannes „Strizi“ Rögner im Song „Suchen/Finden“ auf dem neuen Frittenbude-Album „Apokalypse Wow“. Das Schlagzeug gibt den Takt vor, ein Synthesizer gesellt sich dazu, schafft Raum.

Es ist der zweite Track des Albums, auf dem die Band in zwölf Songs zwischen der Akzeptanz von persönlichen Umbrüchen hin zum musikalischen Verarbeiten der – manchmal hoffnungslos scheinenden – Lage der Welt oszilliert und sich bei der Findung treu bleibt, obwohl sie ihren musikalischen Aktionsrahmen erweitert hat.

In ihren Texten ignoriert Frittenbude die Ups and Downs des Lebens keineswegs, sondern erkennt diese als Teil des Daseins an, wie auch im Refrain von „Suchen/Finden“: „Zwischen Suchen und Finden / Da, wo wir verschwinden / Beim Saufen und Rauchen / Wo wir wieder auftauchen.“

Eher gesungen als gerappt

Für die Elektropunkband, die einst im bayerischen Geisenhausen begann, ist „Apokalypse Wow“ Album Nummer sechs, es erscheint vier Jahre nach dem Vorgänger „Rote Sonne“. Das neue Werk ist musikalisch vielfältig. Bei „Das Glas“ zieht sich ein eingängiger elektronischer Beat durch, begleitet von kräftiger Percussion und einer nach oben ausschlagenden Stimme, während in „Neue Welt“ der Refrain eher gesungen als gerappt wird und das Schlagzeug gemeinsam mit subtilen Gitarrenakkorden begleitet.

Frittenbude: „Apokalypse Wow“ (Nachti/Membran)

Live: 9.3. München, Technikum; 16. 3., Kiel, Pumpe; 17. 3., Hannover, Faust; 18. 3., Bremen, Lagerhaus, wird fort­gesetzt

Bekannt wurden Frittenbude durch den Song „Mindestens in 1000 Jahren“ (2008). Damals standen sie noch beim Hamburger Label Audiolith unter Vertrag, für das auch Egotronic und Feine Sahne Fischfilet veröffentlichen.

Ähnlich diesen sind auch Frittenbude bei zahlreichen Demos aufgetreten, viele ihrer Songs stellen sich dezidiert gegen Rechtsradikalismus, Homophobie und Rassismus. Diesen Wurzeln bleiben die Wahlberliner treu, in „Sandradome“ reimen sie „Dich und dein Land / Nehm ich mit, verdammt“. Mittlerweile haben Frittenbude ihr eigenes Label gegründet: Nachti – eine Anspielung auf ihr Debütalbum „Nachtigall“.

Positive Herausforderung

Nicht nur in den Songtexten des neuen Albums geht es um Vergänglichkeit, auch bei der Band selbst hat sich etwas geändert. Vergangenes Jahr stieg Gitarrist Martin Steer aus. Seine Riffs sind auf dem Album zwar noch zu hören, nun machen Johannes Rögner, 41, und Jakob Häglsperger, 38, ohne ihn weiter. Sie interpretieren den Abschied ihres Gitarristen aber als positive Herausforderung, „Apokalypse Wow“.

Den einen sofort wiedererkennbaren Hit gibt es diesmal nicht, stattdessen nimmt die Band Hö­re­r*in­nen mit auf die Party („Lass uns tanzen gehen“), ans Meer („Tiefseetauchen“) und zur Demo („Schlagstock“). Ebenso vielfältig wie in der Themenwahl geht Frittenbude mit der Wahl der Genres um. Die Musik kommt insgesamt rockiger daher als früher.

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Sie stellt sich in „Schlagstock“ mit tiefen, kratzigen und kräftigen Beats gegen Nazis und lädt im nächsten Song, „Lass uns tanzen gehen“, mit sanfter Stimme und softem Bass zum Ausgehen ein. „Komm lass uns tanzen gehen / Als wär’ die Dystopie Vergangenheit“, heißt es im Songtext, der angelegt ist als tiefsinniges Gespräch unter guten Freund*innen. Und doch bleiben die Songtexte vage genug, um Interpretationsraum zuzulassen und zugleich Haltung auszusagen.

Immer noch glaubwürdig

Klangmerkmale von Frittenbude auf „Apokalypse Wow“ sind E-Gitarre, elektronische Beats und die facettenreiche Stimme von Sängers und Rapper Rögner. Zwischendrin taucht auch mal eine Trompetenmelodie („Stoli“) auf. Man merkt Frittenbude an, dass Glaubwürdigkeit für ihr Selbstverständnis immer noch wichtiger ist als Kommerz. So beginnt das Liebeslied „Vorbei“ mit einem sich langsam aufbauendem Schlagzeug- und Gitarrenintro.

„Der ganze Schmerz / Der ganze Scheiß / Und alles, was wir nicht begreifen / Es geht vorbei“ heißt im Refrain. Der Song wirkt wie ein nachdenklicher Morgen nach einer durchzechten Nacht, an die man mit guten Erinnerungen zurückdenkt. Die Band erinnert hier daran, den Moment zu schätzen, solange er da ist.

Bei Frittenbude ist Nihilismus oft nur einen Takt entfernt von Tiefgründigkeit. Dadurch bleibt die Band in ihren Texten nahbar, auch die Musik scheppert und schlingert passend zum Auf und Ab. Frittenbude singt und rappt sich die Verhältnisse nicht schön, sondern erkennt die Gleichzeitigkeit von Entgrenzung, Erfahrung und Hoffnung an.

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