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Neuer serbischer RegierungschefIvica Dacic überrascht alle

Einst war Ivica Dacic das Sprachrohr Slobodan Milosevics. Nach dessen Sturz schien auch der „kleine Slobo“ am Ende. Doch jetzt ist er wieder da – als Regierungschef.

Wahlwerbung in Belgrad. Bild: reuters

BELGRAD dpa | Der sozialistische Parteichef Ivica Dacic wird überraschend neuer serbischer Regierungschef. Das kündigte Staatspräsident Tomislav Nikolic am Donnerstag in Belgrad an. Er habe dem 46 Jahre alten bisherigen Vizeregierungschef und Innenminister das Mandat zur Regierungsbildung erteilt.

Zuvor habe Dacic ihm versichert, er verfüge im Parlament über eine Mehrheit. Die neue Regierung wird aus den Sozialisten (SPS), der Fortschrittspartei (SNS) von Nikolic und der kleineren URS-Partei bestehen.

Das Nachsehen haben die Demokraten (DS) des einstigen Staatsoberhauptes Boris Tadic, die seit vielen Jahren die stärkste Kraft im Lande waren und jetzt in die Opposition müssen.

Damit bilden die politischen Kräfte wieder eine Regierung, die das Land in den 90er Jahren in die Bürgerkriege und die soziale und wirtschaftliche Katastrophe geführt hatten. Allerdings haben sich diese Parteien nach eigener Darstellung vom extremen Nationalismus verabschiedet und sind heute europäisch und demokratisch ausgerichtet.

Gefolgsmann Milosevics

In den 1990er Jahren verteidigte Dacic als Pressesprecher und enger Mitarbeiter die nationalistische Hetze, die Bürgerkriege und den Zusammenschluss von Politik und Mafia durch Slobodan Milosevic. Mit dem Sturz von Milosevic im Oktober 2000 schien das Schicksal des heute 46-Jährigen besiegelt.

Nachdem Milosevic 2006 im UN-Kriegsverbrechertribunal einem Herzinfarkt erlegen war, übernahm er die Parteiführung der Sozialisten (SPS), die aus den Kommunisten hervorgegangen waren. Zwei Jahre später holten die Demokraten (DS) des langjährigen Staatspräsidenten Boris Tadic die Dacic-SPS als Juniorpartner in die Regierung. Er selbst wurde Vizeregierungschef und Innenminister.

Bei der Parlamentswahl Anfang Mai konnte die SPS unter Dacic ihre Stimmenzahl verdoppeln und zur drittstärksten politischen Kraft aufsteigen. Als Zünglein an der Waage erteilte Dacic seinem Förderer Tadic eine Abfuhr und wechselte die Seiten. Er willigte in eine Koalition mit den früheren Nationalisten von der SNS-Partei ein, weil sie ihm das Amt des Ministerpräsidenten anbot.

Westliche Diplomaten schätzen an Dacic „seine Handschlag-Qualität“, die ihn als „Macher“ wohltuend von anderen Politikern unterscheide. Obwohl noch vergleichsweise jung, ist der Sozialistenchef mit allen politischen Wassern gewaschen. Seit er 1990 im Alter von 24 Jahren die Jugendorganisation der Ex-Kommunisten übernahm, hat er unzählige politische Kämpfe durchgestanden. In der Korruptionsaffäre um die Übergabe von 100.000 Euro Schmiergeld Anfang 2006 verließ er nach einer Warnung der Regierung den Tatort 15 Minuten vor dem Zugriff der Polizei.

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4 Kommentare

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  • R
    Railways

    ...andernorts würde man vielleicht sagen, dass der Herr wegen seiner Verstrickungen in die politischen Turbulenzen der jüngeren serbischen Vergangenheit belastet und damit nicht mehr mandatsfähig wäre. Aber es sind ja seither auch schon wieder ein paar Jahre vergangen und wieso sollten solche Talente nicht weiter genutzt werden? Persil für Serbien!

  • H
    himalaji

    Diejenigen, die über die Vergangenheit, keine Zukunft zu sprechen!

  • P
    popokatapetl

    Jede Karriere hat einen Anfang! Niemand am Start ist auf ihrem Höhepunkt!

  • S
    Sachse

    So einer Umbruch auf der Regierungsspitze Serbiens war schon zu erwarten. Egal was die Medien und politische Kreise im Ausland dachten, die Regierung von Tadic's Demokraten war äußerst katastrophal für die serbische Wirtschaft und Gesellschaft. Man konnte auf der Belgrader Straße schon längst vor der Wahlen von dem Rückkehr der Neunziger hören. Und das alles dank Tadic der eigentlich die Sozialisten Milosevic's wiedererlebte und ermöglichte Ihnen wieder eine der Führungskräfte Serbiens zu werden.

    Es war der Fehler Europa zu viel Tadic zu unterstützen und die eigentliche Interessen der serbischen Bürgern zu ignorieren.