Neuer US-Präsident Joe Biden: Game on statt Game over!
Joe Biden ist kein Veganer, nicht mal Vegetarier. Aber er macht unserer Kolumnistin Hoffnung, dass der Umweltschutz wieder eine Chance bekommt.
G ut die Hälfte meines Lebens habe ich in den USA verbracht, davon die vergangenen sechzehn Jahre in Kalifornien. Ich verdanke dem Land und seinen Menschen viel. So hat das, was ich in Los Angeles über Umwelt, Ernährung, Tierschutz, Gesundheit und die Zusammenhänge zwischen alldem gelernt habe, zu meiner Entscheidung geführt, vegan zu leben.
Genau wie mir ist den meisten vegan lebenden Menschen Umwelt- und Klimaschutz wichtig. Nicht nur deswegen war die Wahl des US-Präsidenten diesmal so nervenaufreibend wie nie. Es stand viel auf dem Spiel: Auf der einen Seite Donald Trump, der seit Amtsantritt über hundert Klima- und Umweltregeln abgeschafft oder gelockert hat. Der von Kohle und fossilen Brennstoffen schwärmt, der die Grenzwerte für den Zufluss giftiger Chemikalien ins Wasser gesenkt hat. Der sich gerne und oft mit Fastfood-Burgern oder Chickenwings fotografieren ließ.
Auf der anderen Seite der ehemalige Vizepräsident, Joe Biden. Der zwar weder Veganer noch Vegetarier ist, aber der sich Umwelt- und Klimaschutz auf die Fahnen geschrieben hat. Während des Wahlkampfs habe ich ihn live erlebt, er stand und sprach keine drei Meter von mir entfernt, trat leidenschaftlich für eine nachhaltige Zukunft ein. In der letzten TV-Debatte gab er sogar kund, er wolle Subventionen für die Ölindustrie stoppen und fossile Brennstoffe nach und nach durch erneuerbare Energien ersetzen. Eine klare Ansage mit großem Risiko – sie hätte ihn viele Wählerstimmen kosten können.
Doch ist auch in den USA einer Mehrheit der Menschen inzwischen klar, dass Klimaschutz keine Lifestylefrage ist, sondern (über)lebenswichtig. Kein Wunder, dass in einer Umfrage der veganen Dating-App Veggly 75 Prozent der Nutzer vor der Wahl angegeben hatten, für Joe Biden zu stimmen.
Dieser Text stammt aus der taz am wochenende. Immer ab Samstag am Kiosk, im eKiosk oder gleich im praktischen Wochenendabo. Und bei Facebook und Twitter.
Natürlich wird der nicht den Fleischverzehr abschaffen. Aber seine Agrarpolitik und die Themen, die auf der Website seines Übergangsteams gesetzt wurden, sind Anhaltspunkte, die hoffen lassen. Hoffen, dass sowohl Umwelt als auch Tiere es deutlich besser haben werden unter Präsident Joe Biden. Der Klimawandel ist, neben der Bewältigung der Covid-19-Pandemie, der wirtschaftlichen Erholung und der race equality, wichtigstes Thema der Biden-Agenda.
Wie weit es Joe Biden mit seinem Programm bringen wird, ist offen. Das werden die nächsten vier Jahre zeigen und das hängt auch von der finalen Zusammensetzung des US-Senats ab. Aber anstatt „Game Over“ für Tier- und Klimaschutz mit Trump heißt es nun wieder: „Game On!“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Internationaler Strafgerichtshof
Ein Haftbefehl und seine Folgen
Krieg in der Ukraine
Geschenk mit Eskalation
Umgang mit der AfD
Sollen wir AfD-Stimmen im Blatt wiedergeben?
Warnung vor „bestimmten Quartieren“
Eine alarmistische Debatte in Berlin
Krieg in der Ukraine
Kein Frieden mit Putin
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste