Neuer „Tatort“ aus Wien: Alt und skrupellos
Armut im Alter, Vater-Tochter-Dramen und Crystal Meth: Der ORF-Tatort „Paradies“, der die neue Saison eröffnet, will vieles auf einmal.
Es ist soweit: Die sich ohnehin schon herbstlich anfühlenden Sonntagabende können ab heute wieder mit guter, von der Allgemeinheit akzeptierter Entschuldigung auf dem Sofa verbracht werden. Statt Wiederholungen gibt es nämlich neue Tatort-Folgen.
Den Start macht das Ermittler-Duo aus Wien, Moritz Eisner (Harald Krassnitzer) und Bibi Fellner (Adele Neuhauser). Letztere steht gerade am Flughafen, um in einen lang ersehnten Urlaub nach Kreta zu fliegen, als sie einen Anruf aus dem Altersheim erhält: Ihr Vater liegt im Sterben.
„Paradies“ spricht ein gesellschaftlich brisantes Thema an: Altersarmut. Dieses wird gleich zu Beginn mit einer kitschigen Szene am Flughafen eingeführt. Ein freundlicher, älterer Herr unterstützt die reiseunerfahrene Bibi Fellner auf der Suche nach dem richtigen Flug. Seine Tragik: Regelmäßig kommt er an den Flughafen, nur um vom Wegfliegen zu träumen, das er sich aufgrund seiner niedrigen Rente nicht leisten kann. Da Kommissarin Fellner dann ja aber eh am Boden bleiben muss, schenkt sie dem armen Mann ihr Ticket.
Sie selbst fährt, unterstützt von ihrem Kollegen Eisner, in die Seniorenresidenz. Wir erfahren von ihrer schweren Beziehung zum Vater, der dahinscheidet und ihr ein verwunderliches Erbe hinterlässt: Einen Schlüssel zu einem Schließfach mit über 30.000 Euro in bar. Da stimmt was nicht, war der Vater doch Sozialhilfeempfänger, schlussfolgern die Kommissare und machen sich im Altenheim auf die Suche. Ganz privat und vorerst ohne Mord. Die Alten fahren jeden Mittwoch mit dem Bus nach Ungarn. Was sie wohl im Schilde führen? Fellner und Eisner schleusen einen verdeckten Ermittler in das Heim und kommen natürlich einer großen Geschichte auf die Spur. Schließlich gibt es doch noch einen Mord und offizielle Ermittlungen.
„Tatort“-Folge „Paradies“, 31.8., 20.15 Uhr, ARD.
Insgesamt hat „Paradies“ sich etwas zu viel vorgenommen: die Existenznöte von Senioren, Vater-Tochter-Beziehungen und dann auch noch Drogenhandel. Die Verknüpfungen der Themen miteinander ist leider nicht so richtig glaubhaft, und die Altersarmut, die hier zur Kriminalitätsbereitschaft führt (Eisner bezeichnet die Rentner als „gefährlich, sie haben nichts zu verlieren“) wird ziemlich grob und mit vielen Klischees gezeichnet: Alte, die von einem Lebensabend im Süden träumen, in einem düsteren, ungemütlichen Haus mit fürchterlichen Pflegern. Nicht gerade ein „Paradies“ also. Auf den letzten Metern gibt es ein riesiges Familiendrama – im Zentrum der 84-jährige Schauspieler Peter Weck, der hier in seinem TV-Comeback durchaus überzeugend agiert.
Der Krimi-Plot bleibt insgesamt relativ vorhersehbar. Und warum die Senioren Medikamente, die auch in Österreich erhältlich sind, aufwändig über die ungarische Grenze schmuggeln, wird, mal abgesehen von den niedrigeren Preisen dort, nicht ganz klar. Bibi Fellners persönliche Geschichte, über die man in den vergangenen Folgen immer wieder Bruchstücke erfahren durfte, und die hier noch weiter gezeichnet wird, bleibt das interessanteste an der ganzen Folge.
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