Neuer Pop von Banks: Innerer Frieden mit Geige
Ein feiner Sinn für Romantik trotz Herzschmerz: Die US-Darkpopkünstlerin Banks bewahrt auf ihrem neuen Album „III“ die Fassung.
Die kalifornische Künstlerin Jillian Rose Banks blendet in den Songtexten ihres schlicht „III“ betitelten neuen Albums Niederlagen und Probleme nicht aus, das soll glaubwürdig wirken und tut es zu einem bestimmt Grad auch. Offen geht die US-amerikanische Musikerin damit um, dass sie eine Trennung hinter sich hat. Herzschmerz, sagt sie im Gespräch, habe sie zu einer stärkeren Persönlichkeit gemacht: „Ich bin kein naives Mädchen mehr, sondern eine weise Frau.“ Eine übersteigerte Aussage für eine 31-Jährige. Verbitterung scheint darin mitzuschwingen, was Banks allerdings energisch verneint: „Mein Motto ist: Ich verliere nie die Hoffnung – egal, was passiert.“
Wohl deshalb lässt sie ihr neues Album mit der Ballade „What about Love“ ausklingen. Zu wimmernden Geigen besingt sie mit ihrer rauchigen Stimme eindrucksvoll ihr Herzeleid. Sie fühle sich einsam, weil ihr Exfreund eine neue Partnerin hat. Das klingt nicht gerade euphorisch, also muss irgendwie ein Ausgleich her. Trost kommt von Banks’ vierjähriger Nichte, die am Schluss wispert: „I love you.“ So siegt die Liebe letztlich doch, das war der gebürtigen Kalifornierin aus Orange County, dem Speckgürtel von Los Angeles, wichtig: „Ich wollte mir meinen Sinn für Romantik zumindest ein Stück weit bewahren.“
Die übrigen Songs bleiben indes dem typisch theatralischen Banks-Stil treu. Sie funkeln düster. Bereits auf ihrem Debütalbum „Goddess“ (2014) stellte Banks eine verwundbare Seite zur Schau und landete damit in zahlreichen Ländern in den Top 20 der Charts. Ihr zweites Werk „The Altar“ (2016) bescherte ihr dann kommerziell nur bescheidenen Erfolg, begeisterte aber weiterhin mit hypersensiblem Songwriting. Musikalisch experimentierte Banks mit elektronischem Pop, R&B- und HipHop-Elementen – an diesem Mix hält sie bis heute fest. KritikerInnen behaupten, ihre Musik sei nah am Gothicpop. Diese Stilrichtung wurde dank Sängerinnen wie Halsey salonfähig, Lorde und Billie Eilish katapultierte den Sound dann in den Mainstream.
Solche Beckmessereien prallen an Banks einfach ab. „In erster Linie komponiere ich meine Lieder für mich selbst“, betont sie. „Sie entspringen meinem Unterbewusstsein.“ Als ihr der Satz „I can’t let you go“ durch den Kopf schwirrte, baute sie ihn zu „Hawaiian Mazes“ aus. Diese abgründige Midtempo-Nummer handelt vom Loslassen. „Es ist falsch, sich an die Vergangenheit zu klammern“, glaubt Banks. „Nur wer sich von seinen alten Dämonen löst, wird seinen inneren Frieden finden.“
Der Trubel ist nichts für sie
Folgerichtig hat sie ihr Leben komplett umgekrempelt. Sie zog raus aus dem Zentrum von Los Angeles, jetzt wohnt sie weitab der Metropole in den Bergen, das erdet sie: „Ich bin vor dem Großstadttrubel geflüchtet. Das, wonach ich mich wirklich sehnte, war Ruhe.“ Kein Wunder: Vor sechs Jahren veröffentlichte die ehemalige Psychologiestudentin ihren Song „Before I met you“ im Netz und bekam binnen kürzester Zeit einen Plattenvertrag. Seither gönnte sie sich keine Verschnaufpause, tourte ununterbrochen, die Hallen wurden zusehends größer. Zwischendurch tüftelte sie im Studio weitere Songideen aus. Auf der Straße blieb sie nicht mehr unerkannt. Den Trubel um ihre Künstlerperson konnte sie nie richtig verarbeiten: „Ich entwickelte Routinen, die nicht gut für mich waren. Irgendwann war ich total erschöpft.“
Banks: „III“ (Universal)
Eine Therapie brachte sie wieder auf Kurs. Sie zog sich eine Weile aus den sozialen Medien zurück, entdeckte sich neu, sonst tat sie im Grunde nichts: „Mich machen vor allem einfache Dinge glücklich – Freunde treffen und Filme gucken.“ Sie geht gern wandern, am liebsten allein: „Im Idealfall begegnet mir meilenweit keiner. Das tut mir so gut.“ Dabei kann sie nämlich ihre introvertierte Seite pflegen: „Wie alle Menschen prägen mich die unterschiedlichsten Eigenschaften. Mal bin ich traurig, mal albern. Ich lerne gerade, all das zu verbinden und mich als ganzheitliche Person zu akzeptieren.“
Das sieht man ihr auch äußerlich an. Banks färbt sich ihre Haare nicht mehr schwarz, sie ist zu ihrer Naturhaarfarbe Hellbraun zurückgekehrt. Auf dem Cover ihres neuen Albums hat sie ein rotes Kleid an, was vor drei Jahren vollkommen undenkbar gewesen wäre: „Ich habe damals eigentlich immer schwarze Sachen getragen. Sie waren für mich wie ein Schutzschild.“ Wieso sie das inzwischen abgelegt hat? „Ich bin offener geworden. Heute bekenne ich mich zu meiner Sanftmut.“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Verkauf von E-Autos
Die Antriebswende braucht mehr Schwung
Außenministerin zu Besuch in China
Auf unmöglicher Mission in Peking
Plädoyer im Prozess zu Polizeigewalt
Tödliche Schüsse, geringe Strafforderung
Neuer Generalsekretär
Stures Weiter-so bei der FDP
Warnstreiks bei VW
Der Vorstand ist schuld
Olaf Scholz in der Ukraine
Nicht mit leeren Händen