: Neuer Poker um das Polizeihaus
■ Kultursenator Bernt Schulte will Mehrkosten nicht finanzieren
Über dem Schreibtisch des Leiters der Volkshochschule (VHS), Horst Rippien, hängt ein Bild. Es zeigt den Entwurf für ein „Volksbildungshaus“ auf dem Theaterberg aus dem Jahr 1961. So lange wird in Bremen schon über ein VHS-Haus und fast so lange auch über eine Zentrale der Stadtbibliothek diskutiert. Und nachdem Kultursenator Bernt Schulte (CDU) jetzt ausgerechnet hat, dass der vom Senat favorisierte Umzug ins Polizeihaus viel teurer wird, kann weiter diskutiert werden.
Um rund 800.000 Mark pro Jahr wird die Zentrale im Polizeihaus teurer. Dieses Geld will Schulte wie berichtet nicht aus seinem Etat bezahlen. Da seien nicht abgestimmte Zuschüsse aus dem Wirtschaftspolitischen Aktionsprogramm (WAP) einfach einkalkuliert worden, begründet Schultes Sprecher Hartmut Spiesecke das Defizit. Auch die Gegenrechnung von Einnahmen durch die Vermietung von Immobilien wie der dann überflüssigen Bibliothek an der Friedrich-Ebert-Straße sei unseriös. Alles in allem werde die Miete höher als geplant, so Spiesecke. Über die genaue Höhe machte er jedoch keine Angaben. „Das ist noch nicht ausgehandelt“, sagt die stellvertretende Bibliothekschefin Renate Mallmann. „Wir gehen davon aus, dass sie nicht so viel höher wird als an der Zentrale Schüsselkorb.“ Dort zahlt die Bibliothek 15,80 pro Quadratmeter.
Kenner der Szene sagen allerdings, dass die Zentrale im fast 100 Jahre alten Polizeihaus ein teures Vergnügen wird. Der Projektentwickler Henrik H. Hahm bezeichnet die Entscheidung pro Polizeihaus unverblümt als „Politkrimi“. Seine Firma Hahm & Brieger hatte beim Poker um den Bahnhofsplatz mitgeboten und plädiert für eine Unterbringung der Zentrale an diesem Ort. Mit 20 Mark Kaltmiete pro Quadratmeter kalkuliert Hahm. Im Polizeihaus läge die Miete mindestens um sechs Mark höher, rechnet er vor. Hinzu kämen viel höhere Nebenkosten in dem Altbau. Bei 8.000 Qaudratmetern für die Bib-liothek und 3.000 für die Volkshochschule kommen da schnell 100.000 Mark pro Jahr zusammen.
Hahm hält sein Angebot nach wie vor aufrecht. Doch das Kulturressort will dieses Paket offenbar nicht wieder aufschnüren. „Wir stehen zu dem Beschluss Polizeihaus“, so Spiesecke. Doch wenn das Geld nicht aus dem Bremer Wirtschaftressort oder anderen Quellen kommt, lautet die Alternative: Keine neue Zentrale. „Wir waren noch nie so dicht dran wie vor wenigen Wochen“, seufzt VHS-Chef Horst Rippien. ck
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