Neuer Jazz aus Berlin: Kreise aus dem Computer
Auf ihrem Debütalbum „Kreise“ dehnen TAU5 das Genre des Jazz mit diversen elektronischen und avangartdistischen Mischungen: Verrückt.

D ie Zeiten sind zum Verrücktwerden. Machen die Leute aktuell ja anscheinend auch vermehrt. Dies bitte nicht als Empfehlung verstehen, sondern als Feststellung. Und durchdrehen und durchdrehen sind eben auch nicht dasselbe.
Was das Berliner Quintett TAU5 auf seinem Debütalbum „Kreise“ tut, klingt zunächst mal einigermaßen verrückt. So ganz weiß man jedenfalls nicht, was einem die Herren Philipp Gropper an den Saxofonen, der Keyboarder Philip Zoubek, der Bassist Petter Eldh und Moritz Baumgärtner am Schlagzeug da bieten. Besonders ungewöhnlich an der Sache ist der Beitrag des Fünften im Bunde: Ludwig Wandinger zeichnet für „Elektronik, Mix, Edit“ verantwortlich. Geht das denn im Jazz?
Und Jazz ist das, was TAU5 auf einer knappen Stunde darbieten, ziemlich sicher. Bloß dass die Improvisationen sich bei ihnen nicht allein mit komponierten Teilen mischen, sondern dass das Material von Ludwig Wandinger zusätzlich komplett neu zusammengeschnitten wird: von live zu Ableton Live, wie ein beliebtes Computerprogramm heißt, das zum Programmieren wie Live-Spielen gleichermaßen geeignet ist. Ferne Erinnerungen an Frank Zappas elektronisch eingespieltes Album „Jazz From Hell“ werden wach.
TAU5: „Kreise“ (Fun in the Church):
Man weiß mithin nie genau, welches Material in seiner ursprünglichen Gestalt verwendet wurde, welches neu zusammengeschnitten und welches eine Kombination aus Studiogetüftel und direkt darüber gespielter Improvisation ist. Mit hörbarer Wirkung: TAU5 klingen durchaus etwas anders als die Jazzprojekte, an denen die Musiker sonst beteiligt sind. Die Hymnen des Spiritual Jazz passen genauso in diesen Sound wie die kleinteilige Frickelarbeit des Avantgardejazz.
Der taz plan erscheint auf taz.de/tazplan und immer Mittwochs und Freitags in der Printausgabe der taz.
Und dann ist da noch eine gute Portion nicht klar zuzuordnender, meist repetitiver Anteile, die ebenso vom HipHop abenteuerlicherer Art wie von elektronischer Musik der freieren Form inspiriert sein könnten. Kreise, sprich Loops, nutzen immerhin beide dieser Richtungen. Macht auf anstrengende Art gute Laune.
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Alles zur Bundestagswahl
Lindner und die FDP verabschieden sich aus der Politik
Sauerland als Wahlwerbung
Seine Heimat
Pragmatismus in der Krise
Fatalismus ist keine Option
Erstwähler:innen und Klimakrise
Worauf es für die Jugend bei der Bundestagswahl ankommt
Russlands Angriffskrieg in der Ukraine
„Wir sind nur kleine Leute“
Totalausfall von Friedrich Merz
Scharfe Kritik an „Judenfahne“-Äußerungen