Neuer Film mit den Minions: Auch Schurken brauchen Freunde
Der Animationsfilm „Minions – Auf der Suche nach dem Mini-Boss“ erzählt von den Anfängen einer wunderbaren Freundschaft. Wer wird da nicht weich?
Muss man sich Sorgen machen, wenn Erwachsene ehrliche Freude an gelben zylinderförmigen Wesen zeigen, die sich mit hohen Piepsstimmen bemerkbar machen und vorwiegend Quatsch im Sinn haben? Kommt im Zweifel auf die Wesen an. Bei den Minions, den Helden einer stetig wachsenden Reihe von Animationsfilmen („Ich – Einfach unverbesserlich“, Teile 1 bis 3, „Minions“ (2015)), sind Bedenken unnötig. Vielmehr haben diese kullerigen Wesen unbekannten Ursprungs – es werden ja ständig neue Arten entdeckt – eine so unbändige Begeisterungsfähigkeit, dass es schwerfällt, sich nicht für sie zu erwärmen.
Dabei folgen die Minions einer ethisch höchst fragwürdigen Motivation: dem bösesten Schurken von allen dienen. Wobei die Frage ist, ob sich ihr Antrieb überhaupt unter diesem Aspekt beurteilen lässt. Sie sind dazu als Art einfach bestimmt, welch eigenwilliger Laune der Evolution auch immer das zu verdanken sein mag.
In Kyle Baldas jüngstem Beitrag zur Reihe, „Minions – Auf der Suche nach dem Mini-Boss“, der als Fortsetzung von „Minions“ gedacht ist, kann man dieses Kooperationsmodell von Kindesbeinen an mitverfolgen. Denn hier ist ihr Boss Gru, der in sämtlichen „Ich – Einfach unverbesserlich“-Filmen als Erwachsener in Erscheinung tritt, selbst noch ein Schüler.
Gru weiß aber früh schon, was er will. Obwohl die Handlung in den siebziger Jahren spielt und man damals Kinder noch nicht darauf trimmte, in möglichst jungen Jahren das eigene Berufsziel selbstoptimierend zu definieren, ist Gru, wie er auf die Frage der Klassenlehrerin nach seinen Zukunftsplänen antwortet, wild entschlossen, der größte Schurke aller Zeiten zu werden.
Zeit für einen Generationswechsel
Der Titel ist allerdings vergebenen: „Die fiesen 6“ nennt sich eine Gruppe von Superschurken, angeführt von ihrem Nestor und Gründer namens Wilder Knöchelknacker – das englische „Wild Knuckles“ wurde in der deutschen Synchronfassung zwar einigermaßen wörtlich, doch wenig elegant übersetzt. Als die jüngeren Schurken der Gruppe finden, es sei Zeit für einen Generationswechsel, und ihren Gründer recht unkameradschaftlich aus dem Geschäft drängen, bewirbt sich Gru als dessen Nachfolger.
„Minions – Auf der Suche nach dem Mini-Boss“: Regie: Kyle Balda. USA/Frankreich/Japan 2022, 90 Min.
Die Schurken erkennen, sobald der kindliche Kandidat zum Bewerbungsgespräch erscheint, jedoch ihren Irrtum: Ein Kind können sie nicht gebrauchen. Er soll erst einmal etwas richtig Böses tun. Was er sogleich tut. Bloß dass er die „Fiesen 6“ damit geschlossen gegen sich aufbringt. Die Minions hingegen haben sich bei Gru schon erfolgreich als Untergebene angedient, auf ihre Unterstützung kann er zählen. Obwohl er meint, diese Sache allein erledigen zu müssen, ist es bloß eine Frage der Zeit, bis sie ihm aus der Klemme helfen müssen.
„Minions – Auf der Suche nach dem Mini-Boss“ hat eine noch einmal transparentere Optik als die Filme zuvor. Der Film bietet zudem eine Vielzahl an Siebziger-Jahre-Zubehör, darunter rollschuhfahrende Schurken, einen Motorradfahrer in Fransenlederjacke und eine unscheinbare Kung-Fu-Meisterin. Er lässt die Minions wie gewohnt als anarchisches Kollektiv auftreten, das selbst an experimenteller Eigensabotage seinen Spaß hat: Was passiert zum Beispiel, wenn man zu mehreren nebeneinander auf einem Brett steht und jeder daran sägt?
Neben dem Unfug bleibt Raum für ernste Botschaften an kleine Zuschauer. Denn sogar Schurken können einander solidarisch verbunden sein, wie Gru diesmal lernt. Und wenn die Minions ihren strategischen Kulleraugenblick aufsetzen, wer wird da etwa nicht weich?
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Putins Atomdrohungen
Angst auf allen Seiten
Nahost-Konflikt
Alternative Narrative
James Bridle bekommt Preis aberkannt
Boykottieren und boykottiert werden
Umweltfolgen des Kriegs in Gaza
Eine Toilettenspülung Wasser pro Tag und Person
Krise der Linke
Drei Silberlocken für ein Halleluja
Stromversorgung im Krieg
Ukraine will Atomkraft um das Dreifache ausbauen