piwik no script img

Neuer Bürgerkrieg in TschadEin Neuanfang ist nötig

Dominic Johnson
Kommentar von Dominic Johnson

Tschads Präsident Déby ist erneut in schwere Kämpfe verwickelt. Sein System muss dringend einem politischen Neuanfang für das Land weichen.

Soldaten der Armee des Tschads bei einer Operation gegen Rebellen am 19. April Foto: Abdoulaye Adoum Mahamat/Anadolu Agency/picture alliance

S chon wieder steht Tschads Präsident Idriss Déby scheinbar mit dem Rücken zur Wand. Gut ausgerüstete tschadische Rebellen, die sicher nicht mal einfach so ihre Positionen an der Seite russischer Berater in Libyen verlassen konnten, sind in einer Blitzoffensive bis kurz vor Tschads Hauptstadt N’Djamena vorgerückt und verwickeln die Armee in schwere Kämpfe.

Es ist nicht das erste Mal, dass das Déby-Regime die Macht auf dieselbe Weise zu verlieren droht, mit der es sie 1990 einst errang: durch den Vorstoß hochmobiler motorisierter Aufständischer in die Hauptstadt, wo letztendlich Frankreichs Dauermilitärpräsenz über Verbleiben oder Verjagen der Machthaber entscheidet.

Zweimal schon hat Frankreich in der Vergangenheit Déby die Haut gerettet, und es besteht wenig Grund zur Annahme, dass Emmanuel Macron diesmal seinen wichtigsten militärischen Verbündeten in Afrika fallen lässt. Vor allem, wenn die unsichtbare Hand Russlands, Frankreichs neuer Erzrivale in Afrika, dahinterstecken könnte. Aber nach über 30 Jahren Déby-Autokratie braucht Tschad dringend einen polititischen Neuanfang.

Der tschadische Präsident hat es nie geschafft und wohl auch nie ernsthaft versucht, aus Tschad eine funktionierende Demokratie zu machen. Mit Hilfsgeldern und Öleinnahmen hat er aus Tschad eine Regionalmacht geschaffen, die hier als Stabilisator und dort destabilisierend auftritt, aber die Bevölkerung vegetiert im Elend und ein nachhaltiges Herrschaftsmodell, dem andere nacheifern wollen, hat er nicht aufzubauen vermocht. Das Déby-System ist unfit für das Afrika des 21. Jahrhunderts.

Einen politischen Neuanfang in Tschad unterstützen – das ist so ungefähr das Letzte, wofür Europa in Afrika gerade Zeit hat. Aber es nicht zu tun, wäre dennoch fatal. Tschad braucht einen politischen Dialog, der eine Neuordnung möglich macht. Denn wenn der wichtigste Verbündete Europas in der Sahelzone im Kampf gegen islamistischen Terror weiter so alt aussieht wie jetzt, ist dieser Kampf langfristig zum Scheitern verurteilt.

40.000 mal Danke!

40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen

Dominic Johnson
Ressortleiter Ausland
Seit 2011 Co-Leiter des taz-Auslandsressorts und seit 1990 Afrikaredakteur der taz.
Mehr zum Thema

1 Kommentar

 / 
  • Der Zeitgeist hat die Überschrift des Artikels bereits erhört.

    Der Blätterwald weiss zu raunen, dass Tschads Präsident Idriss Déby bei einem Frontbesuch heute ums Leben kam.

    Neuanfang, nun sicher. Gewohnheitsmässig wird beim Gebrauch des Ausdrucks Neuanfang die Annahme verbunden, dass Ursache und Therapie des Leidens klar seien. Jeder regionale und externe Akteur hat aber andere Zielvorstellungen.

    Der Diskurs dürfte mittels Waffen geführt werden. Mangels Staatlichkeit werden Ethnien und die bekannten Gross- und Mittelmächte mitdiskutieren.

    Zudem Monotheisten der einen Facon.