Neuer Botschafter in Russland: Lambsdorff will mit Moskau reden
Die russische Föderation hat zugestimmt, dass der Politiker das Amt antreten kann. Lambsdorff sagte, er wolle „den Gesprächsfaden nicht abreißen lassen“.
Der Botschafterposten in Moskau ist ein Schleudersitz und gilt spätestens seit dem russischen Überfall auf die Ukraine als besonders schwierig. Schon seit Februar 2022 hatten Deutschland und Russland mehrfach gegenseitig diplomatisches Personal ausgewiesen. Und erst vor wenigen Wochen hatte das russische Außenministerium angekündigt, die Zahl deutscher Staatsbediensteter in Russland auf 350 Menschen zu begrenzen.
„Ich sehe meine Aufgabe darin, der russischen Seite unmissverständlich, aber diplomatisch zu kommunizieren, wie die Bundesregierung die Dinge sieht“, sagte der designierte Botschafter der Tageszeitung Die Welt. Zutrauen kann man ihm das auf jeden Fall. Der 56-Jährige gilt als international bestens vernetzt. Von 2004 bis 2017 war er für die FDP im Europaparlament, von 2014 bis 2017 dessen Vizepräsident. Seitdem sitzt er im deutschen Bundestag.
Lambsdorff hat in Bonn und Washington Politik und Geschichte studiert. Für die FDP-nahe Friedrich-Naumann-Stiftung arbeitete er 1993/94 im estnischen Tallinn. Es folgten eine Diplomatenausbildung und Jobs im Planungsstab des Auswärtigen Amtes und bei der deutschen Botschaft in Washington. 2003/04 war er Länderreferent für Russland im Auswärtigen Amt.
Die Sprache ist ihm nicht fremd
Die russische Sprache ist dem Diplomaten nicht fremd: bereits 1997 war er für einen Posten an der Botschaft Moskau vorgesehen und hatte dafür in Nowosibirsk zwei Monate Russisch gelernt. Und als Teenager hatte er in Moskau häufig seinen Vater besucht: Hagen Graf von Lambsdorff war dort Anfang der 1980er an der deutschen Botschaft. Alexander Graf Lambsdorff hat sich mehrfach sehr klar zu Russland positioniert.
2019 sagte er, dass Deutschland keine „besonderen Beziehungen zu Russland“ haben sollte. Im September 2020 nannte er die Erdgas-Pipeline Nord Stream 2 „eine geopolitische Dummheit und ein diplomatisches Debakel“. 2022 forderte er eine stärkere militärische Unterstützung der Ukraine. Über die Ostermarschierer, die eine ausschließlich gewaltfreie Unterstützung der Ukraine forderten, sagte er, sie „spucken den Verteidigern Kyjiws und Charkiws in Gesicht.“
Heute äußert er sich weniger drastisch. Im Welt-Interview erinnert er an den früheren Außenminister Hans-Dietrich Genscher, dem immer wichtig gewesen sei, nie den Gesprächsfaden abreißen zu lassen, um Veränderungen schnell zu bemerken. „Und so sehe ich das auch“, fügt der künftige deutsche Botschafter schlicht hinzu.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Sourani über das Recht der Palästinenser
„Die deutsche Position ist so hässlich und schockierend“
Haftbefehl gegen Netanjahu
Sollte die deutsche Polizei Netanjahu verhaften?
Autounfälle
Das Tötungsprivileg
Spardiktat des Berliner Senats
Wer hat uns verraten?
Rekrutierung im Krieg gegen Russland
Von der Straße weg
Israel und Hisbollah
Waffenruhe tritt in Kraft