Neuer Bestseller US-Verfassung: Ungewolltes Werbegesicht
Der Vater eines im Irak getöteten US-Soldaten, Khizr Khan, wirft Donald Trump vor, die Verfassung nicht zu kennen. Die verkauft sich daraufhin bombig.
Würde Barack Obama an einer Werbekampagne für mehr Verfassungspatriotismus arbeiten, wäre Khizr Khan wahrscheinlich sein bestes Testimonial. Der Mann, dessen Sohn als Soldat im Irak getötet wurde, griff auf dem Parteitag der Demokraten am vergangenen Wochenende Donald Trump an. „Haben Sie jemals die US-Verfassung gelesen?“, fragte Khan an Trump gewandt und zog ein blaues Büchlein aus der Sakkotasche. „Ich leihe ihnen gern meine.“
Das scheint viele US-Amerikaner inspiriert zu haben: Seit dem Wochenende rangiert das 1-Dollar-Werk bei Amazon auf Platz 2 der Verkaufscharts, direkt hinter Harry Potter. Dumm ist nur: Die Version, die sich bei Amazon gut verkauft, stammt vom National Center for Constitutional Studies, einer Mormonengruppe mit einem ultrakonservativen Verschwörungstheoretiker als Chef. Der habe die Verfassung mit bibeltreuen und rechten Kommentaren versehen, berichtete die LA Times. Dessen Testimonial möchte Mister Khan ganz bestimmt nicht sein.
Wobei das mit den Testimonials ja auch nicht ganz einfach ist. In den deutschen Amazon-Top-Ten stehen derzeit unter anderem „Fuck. Das ultimative Fluch- und Schimpfmalbuch für Erwachsene“, „Essen ohne Kohlehydrate“ und „Dierckes Weltatlas“. Wer zu diesen Büchern wohl inspiriert hat? Herr Erdoğan zum Fluchen, ein gewisser Beachbody zum Essen und Putin zur Geografie?
Leser*innenkommentare
Jens Frisch
"Der Vater eines im Irak GETÖTETEN US-Soldaten, Khizr Khan, wirft Donald Trump vor, die Verfassung nicht zu kennen. Die verkauft sich daraufhin BOMBIG."
Ich habe mal zwei Wörter kenntlich gemacht - findet Ihr taz'ler das nicht selbst auch ein bißchen geschmacklos?
warum_denkt_keiner_nach?
„Dessen Testimonial möchte Mister Khan ganz bestimmt nicht sein.“
Warum? Schließlich wirbt er auch für eine Frau, die seinen Sohn mit in den Tod geschickt hat. Und die danach fleißig weiter half, Kriege anzuzetteln. Und er ist sich auch nicht nur nicht zu schade, an „patriotischer“ Kriegsverherrlichung mitzuwirken, er wirft anderen Eltern sogar vor, dass ihre Kinder nicht in diesen Kriegen gestorben sind.