Neue Vorwürfe wegen Steuerbetrug: Juncker im Zwielicht
Nach der LuxLeaks-Steueraffäre gerät der EU- Kommissionschef auch im Panama-Skandal zunehmend unter Druck. Er bestreitet die Vorwürfe.
Doch Jean-Claude Juncker, der für die Steuertricks verantwortlich sein soll, weist die Vorwürfe zurück. Bei einer Anhörung im EU-Parlament in Brüssel spielte der frühere Premierminister Luxemburgs, der seit 2014 die EU-Kommission leitet, seine Rolle herunter. Er habe in Luxemburg „kein System der Steuerhinterziehung, der Steuerhintertreibung oder der Steuervermeidung zulasten anderer europäischer Staaten erfunden“, hatte Juncker schon nach dem LuxLeaks-Skandal erklärt.
Ähnlich argumentierte er auch nun vor dem Panama-Ausschuss, der die Steuerflucht in nichteuropäische Steuerparadiese untersucht. Er glaube nicht, dass es im politischen Bereich Verantwortlichkeiten zu suchen gebe, sagte Juncker am Dienstagnachmittag in Brüssel. „Wir wissen vieles nicht.“
Allerdings sind in der Zwischenzeit neue Fakten ans Licht gekommen. Vor allem eine Studie der Grünen setzt Juncker unter Druck. „Mister Clean“ sei „nicht immer an vorderster Front der Kämpfer gegen Steuerflucht und Steuervermeidung gewesen“, heißt es in dem Bericht, den der Finanzexperte Sven Giegold erstellt hat. Sie beruht auf Daten der Bank of International Settlements und rückt Juncker ins Zwielicht.
Ab 2003 habe Luxemburg „mit der Umgehung europäischer Regeln Geschäfte gemacht“, so Giegold. „Sparguthaben von Privatpersonen wurden in Steueroasenfirmen und Lebensversicherungen umgeschichtet.“ Hintergrund ist die europäische Zinsbesteuerungs-Richtlinie. Sie war 2005 in Kraft getreten und sollte Steuerflucht verhindern. Luxemburg erwirkte – unter Junckers Regierung – eine Ausnahme.
Die Grünen-Studie verweist nun darauf, dass während der Verhandlung der Richtlinie in Luxemburg die Gründung von Offshore-Firmen über die berüchtigte panamaische Kanzlei Mossack Fonseca sprunghaft anstieg – bis auf die Zahl von fast 1.300 allein im Jahr 2005. In eine ähnliche Richtung weisen bisher geheim gehaltene Unterlagen des Internal Revenue Service, einer US-Bundesbehörde. Demnach hat sich Juncker 2003 mit vier hochrangigen Amazon-Vertretern aus dem Bereich Steuern getroffen, um die Ansiedlung des Internetriesen in Luxemburg zu besprechen.
Juncker habe sich „als Architekt und Pate eines der größten europäischen Steuerkartelle“ erwiesen, fasst der linke Europaabgeordnete Fabio De Masi die Papiere zusammen.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Tabubruch der CDU
Einst eine Partei mit Werten
Trump und die Ukraine
Europa hat die Ukraine verraten
Social-Media-Star im Bundestagswahlkampf
Wie ein Phoenix aus der roten Asche
Krieg und Rüstung
Klingelnde Kassen
Gerhart Baum ist tot
Die FDP verliert ihr sozialliberales Gewissen
Münchner Sicherheitskonferenz
Selenskyjs letzter Strohhalm