Neue Verfassung der römischen Kurie: Papst öffnet die Verwaltung
Das neue Grundgesetz soll die Verkrustungen der Weltkirche knacken. Auch Frauen und Laien bekommen Zugang zu Leitungsfunktionen.
Anderswo heißen Verfassungen einfach „Verfassung“ oder „Grundgesetz“, im Vatikan muss es schon ein bisschen mehr sein: „Praedicate Evangelium“ (Predigt das Evangelium) ist das Dokument überschrieben, das die Institutionen der Kurie neu sortiert und die Verfassung von 1988 ablöst – und das zugleich neue Zugangsvoraussetzungen bis in die Spitzenämter des Weltkatholizismus hinein definiert.
16 Zentralbehörden sollen an die Stelle der Kongregationen, Räte und Behörden treten, um die Weltkirche zu administrieren – von der Evangelisierung, der Glaubenslehre, den Ostkirchen über Gottesdienste und Sakramentendisziplin bis zum interreligiösen Dialog und zur Kommunikation.
Neu ist vor allem die Aufwertung des päpstlichen Almosenamts zu einer Zentralbehörde. Dass die Armen dieser Welt Papst Franziskus am Herzen liegen, ist kein Geheimnis. Ob diese Aufwertung jedoch eine Wende in der Politik der Kirche bringt, bleibt dahingestellt. Sie ist vielerorts weiterhin ein schwerreicher Apparat, der etwa in Italien auf einem Immobilienvermögen im mehrstelligen Milliardenbereich sitzt. Das Kümmern um die Armen wird engagierten Laiengemeinschaften überlassen.
Schluss mit der Männerwirtschaft
In Zukunft sollen bis in höchste Ämter hinein Laien und sogar Laiinnen zum Zuge kommen: Schluss soll damit sein, dass nur Prälaten, vorneweg Bischöfe und Kardinäle, Zugriff auf Spitzenpositionen haben, Schluss auch mit der reinen Männerwirtschaft.
Zwar sind auch heute schon ein Viertel der Beschäftigten in der Kurienverwaltung Frauen, doch sie sind fast ausschließlich mit administrativen Aufgaben befasst, während sie so gut wie keinen Zugang zu Leitungsfunktionen haben. Nun wird der Titel des „Kardinalstaatssekretärs“ – des bis heute wichtigsten Mannes der Kurie hinter dem Papst – zum „Staatssekretär“ vereinfacht. Und vielleicht sehen wir demnächst eine Staatssekretärin, die dem Heiligen Vater sekundiert.
Zugleich sollen mit der neuen Verfassung Verkrustungen in der Kurie aufgebrochen werden. Die in ihr tätigen Geistlichen sollen auf nur noch fünf Jahre berufen werden, bei Möglichkeit nur einer einmaligen Verlängerung.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Anschlag in Magdeburg
„Eine Schockstarre, die bis jetzt anhält“
Nach dem Anschlag in Magdeburg
Rechtsextreme instrumentalisieren Gedenken
Streit um Russland in der AfD
Chrupalla hat Ärger wegen Anti-Nato-Aussagen
Bundestagswahl am 23. Februar
An der Wählerschaft vorbei
Erderwärmung und Donald Trump
Kipppunkt für unseren Klimaschutz
Wirbel um KI von Apple
BBC kritisiert „Apple Intelligence“