Neue „Übergangscharta“ in Burkina Faso: Militär bis 2029 an der Macht
Mit einer neuen „Übergangscharta“ verlängert Militärherrscher Ibrahim Traoré seine Amtszeit. In Mali, Niger und Guinea sieht es ähnlich aus.
Burkina Faso befindet sich im Bürgerkrieg zwischen der Armee und islamistischen Gruppen, die teils aus dem nördlichen Nachbarland Mali eingedrungen sind, teils ein Eigenleben im Länderdreieck zwischen Burkina Faso, Mali und Niger entwickelt haben. Wegen der grenzüberschreitenden Unsicherheit hat seit 2020 erst in Mali, dann in Burkina Faso und schließlich in Niger das Militär die gewählten Regierungen gestürzt, eine Abwendung von der Ex-Kolonialmacht Frankreich vollzogen und Schritte zur Bildung eines eigenen Staatenbunds in Aussicht gestellt.
Der Krieg in Burkina Faso gilt als der verheerendste der Sahelregion, mit rund 20.000 Toten und zwei Millionen Vertriebenen seit 2015. Weite Landesteile sind von der Außenwelt abgeschnitten, die Versorgungslage der Bevölkerung ist katastrophal. Die Armee führt immer wieder blutige Militärschläge durch, die laut Menschenrechtsorganisationen manchmal mehrere Hundert Zivilisten töten.
Um das zu verschleiern, sind mittlerweile fast alle westlichen Medien in Burkina Faso verboten. Eine im April 2023 verfügte einjährige Geneneralmobilmachung, die dieses Jahr verlängert wurde, ermöglicht den Behörden das willkürliche Einziehen von Jugendlichen und Erwachsenen zum Militärdienst, was zu Entführungen und Fällen von Verschwindenlassen geführt hat.
Vor diesem Hintergrund sollte eine zweitägige Konferenz am 25. und 26. Mai die politische Zukunft des Landes nach Ablauf der Übergangszeit am 1. Juli 2024 beraten. Schon am ersten Tag war die neue „Übergangscharta“ verabschiedet worden. Ibrahim Traoré ist jetzt offiziell nicht mehr „Übergangspräsident“, sondern „Präsident der Republik“. Er regiert per Dekret, bis er ein nicht gewähltes Parlament einsetzt, für das er 20 der 71 Abgeordneten selbst ernennt.
Auch in Mali fünf Jahre im „Übergang“
Nur zwei Wochen zuvor hatten die seit 2020 in Mali herrschenden Militärs ähnliche Weichen gestellt. Ein „nationaler Dialog“ in der Hauptstadt Bamako empfahl eine fünfjährige Übergangszeit für Militärherrscher Assimi Goita, der in den Rang eines Generals zu erheben sei und zum Abschluss der Übergangszeit zu Präsidentschaftswahlen antreten solle.
Goita hatte sich 2021 an die Macht geputscht und 2022 eine zweijährige „Übergangszeit“ mit Wahlen Anfang 2024 versprochen. Die wurden später abgesagt, nun steht 2027 als Wahljahr im Raum. Vergangene Woche reiste Malis Wahlkommission zu Beratungen nach Burkina Faso, weil „unsere beiden Länder eine Dynamik teilen“.
In Niger hat das seit 2023 herrschende Militär dieses Jahr eine dreijährige „Übergangszeit“ vorgeschlagen. In Guinea soll das seit 2021 herrschende Militär noch dieses Jahr Wahlen organisieren, aber davon ist nichts zu sehen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Internationaler Strafgerichtshof
Ein Haftbefehl und seine Folgen
Krieg in der Ukraine
Geschenk mit Eskalation
Umgang mit der AfD
Sollen wir AfD-Stimmen im Blatt wiedergeben?
Krieg in der Ukraine
Kein Frieden mit Putin
Warnung vor „bestimmten Quartieren“
Eine alarmistische Debatte in Berlin
Haftbefehl gegen Netanjahu
Begründeter Verdacht für Kriegsverbrechen