piwik no script img

Neue Technik gegen KükenschreddernNur ein paar weniger Hähne getötet

Erste Supermärkte verkaufen Eier, für die dank neuer Technik keine männlichen Hühner sterben. Immer noch werden 44 Millionen weitere getötet.

Hoffentlich ist es weiblich, sonst stehen die Chancen schlecht Foto: imago/Melanie Bauer

Berlin taz | In Deutschland werden jährlich 45 Millionen Hühnerküken von Legehennen-Rassen kurz nach dem Schlüpfen getötet, weil sie männlich sind. Ihr Fehler: Sie legen keine Eier und für die übliche Express-Mast wachsen sie zu langsam. Schließlich wurden die heute üblichen Hühnerrassen extrem spezialisiert gezüchtet. Deshalb landen die meisten männlichen Küken am ersten Lebenstag in Behältern, wo sie mit Kohlendioxid erstickt werden.

Das von der CSU und jetzt der CDU geführte Bundesagrarministerium versucht seit Jahren weitgehend erfolglos, diese Grausamkeit zu beenden. Doch am Donnerstag hat Ministerin Julia Klöckner einen „Durchbruch“ verkündet. Eine mit Geld des Ministeriums entwickelte Anlage kann nun das Geschlecht der Küken schon vor dem Schlüpfen bestimmen. Die männlichen Eier können dann zum Beispiel an Ferkel verfüttert werden.

Das System der Kölner Firma Seleggt ist jetzt so ausgereift, dass ab diesem Monat in 223 Berliner Filialen der Supermarktkette Rewe und ihrer Discounttochter Penny einige Eier von Legehennen verkauft werden können, die als Bruteier das Verfahren durchlaufen haben. Bis Ende 2019 sollen alle rund 5.500 Märkte solche Eier anbieten.

„Das ist ein großer Tag für das Tierwohl in Deutschland!“ jubelte Klöckner. Aber Rewe-Sprecher Andreas Krämer sagte der taz: „Wenn alle Rewe- und Penny-Märkte umgestellt sind, werden jährlich ungefähr eine Million männliche Küken nicht ausgebrütet, um sie danach zu töten.“ Bisher seien es sogar nur 20.000. Es werden also weiter bundesweit 44 Millionen Hähne nach dem Schlupf erstickt.

Die große Koalition wird wohl ihr Ziel verfehlen, das Kükentöten bis 2019 zu beenden

Das wird noch lange so weitergehen. Denn serienreif sei das Verfahren bislang nicht, räumte Klöckner ein. Seleggt rechnet damit, dass es erst „ab 2020“ sein patentrechtlich geschütztes Verfahren „ersten Brütereien“ zur Verfügung stellen wird – wahrscheinlich als Dienstleistung gegen eine Lizenzgebühr.

Bis dahin will die Firma das Geschlecht schon am 5./6. Tag nach dem Legen der Eier bestimmen. Bislang tut sie das zum Entsetzen von Tierschützern am 8./9., an dem der Embryo schon ein Schmerzempfinden entwickelt. Es ist auch nicht abzusehen, dass andere Projekte zur Geschlechtsbestimmung bald serienreif werden. Deshalb wird die große Koalition nach jetzigem Stand ihr Ziel verfehlen, bis 2019 das Kükentöten zu beenden. Der Frage nach einem neuen Termin wich Klöckner am Donnerstag aus.

Seleggt-Geschäftsführer Ludger Breloh berichtete, dass sich mit seiner Methode 3.500 Eier pro Stunde und an einem Tag mit zwei Schichten à 6 Stunden 50.000 Stück untersuchen ließen. Der Zentralverband der Deutschen Geflügelwirtschaft hält aber eine Sortierkapazität von rund 100.000 Eiern täglich für ökonomisch nötig.

Seleggt ist so langsam, weil es aufwendig ist: Zunächst wird das Ei aus dem Brutschrank genommen und in eine bestimmte Position gebracht. Dann brennt ein Laser ein höchstens 0,3 Millimeter großes Loch in die Schale. Durch minimalen Druck wird etwas Flüssigkeit herausgepresst, die auf Geschlechtshormone getestet wird. Immerhin zieht sich die innere Ei-Membran selbst zusammen und verschließt das Loch von innen. Aber das ganze dauert eben 1 Sekunde pro Ei – bei den riesigen Stückzahlen in der Agrarindustrie summiert sich das. Zudem: Nach Firmenangaben irrt das System in etwa 2 Prozent der Fälle.

Bezahlen lässt sich Rewe die Geschlechtsbestimmung von den Verbrauchern: Die 6er-Packung Freilandeier mit dem gelben, herzförmigen Logo „Ohne Kükentöten“ soll 1,69 statt 1,59 Euro kosten, jedes Ei ist also etwa 1,7 Cent teurer.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

24 Kommentare

 / 
Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

Wir machen Silvesterpause und schließen ab Montag die Kommentarfunktion für ein paar Tage.
  • Diese technische Lösung ändert nichts an der kranken Situation, Millionen von Kücken nur für Fleisch oder nur fürs Eierlegen aufzuziehen. Die Fleischhühner werden in 4-6 Wochen schlachtreif gemästet. Am Ender dieser Zeit ist ihre Brust so schwer, dass sie nach vorne fallen. Die Legehennen landen nach einem Jahr Dauer-Eierproduktion mehrheitlich in der Biogasanlage oder im Müll. Eine riesige Verschwendung und Tierquälerei nur, damit Fleisch und Eier billig, in Riesenmengen und zweifelhafter Qualität verfügbar sind. Das ist und bleibt das paradoxe Grundproblem. Die einzigen, die sich an der neuen Situation freuen können, sind die Schweine. Es sei ihnen gegönnt.



    Es gibt durchaus Alternativen, ausser vegan zu leben. Man kauft Eier von Produzenten, die die Junghähne mit aufziehen. Das hat aber zur Folge, dass man ihnen mindestens einmal im Jahr ein Suppenhuhn und einen Junghahn abkaufen muss. Die Eier und das Fleisch sind viel teurer, das ist die andere Konsequenz. Sie werden zum kostbaren Gut, das nur noch sporadisch auf den Teller kommt.



    Ich freue mich das ganze Jahr auf die Zeit, wenn die Junghähne oder Suppenhühner geschlachtet werden. Schon das Zerlegen eines Junghahnes, der viel draussen herum gerannt ist, wird zum Abenteuer, weil der richtig feste, dicke Knochen hat. Das Fleisch hat Geschmack und Biss. Den Rest des Jahres kann ich problemlos auf Fleisch aus der Massentierhaltung verzichten. Ich habe es noch keine Minute vermisst.

    • @ecox lucius:

      Auch eine Form sich das Töten von Lebewesen schönzureden. Sie freuen sich sogar aufs Töten. Ohweia.....



      Bruderhahneier zu kaufen ist trotzdem tausendmal besser. Da haben Sie Recht !

    • 8G
      81331 (Profil gelöscht)
      @ecox lucius:

      ..."Die Eier und das Fleisch sind viel teurer, das ist die andere Konsequenz. Sie werden zum kostbaren Gut, das nur noch sporadisch auf den Teller kommt" und so sollte es sein.

  • Aus meiner Sicht wäre der logische Weg, dass die Männchen zur Fleischgewinnung, die Weibchen für Eier gehalten werden und nicht jeweils die Hälfte getötet. Geht bei Rindern auch, dass man mehrfach nutzbare Rassen züchtet. Die Hähnchen werden so immer noch verschwendet. Bisschen weniger Fleisch dran, kann man dem Verbraucher nicht zumuten, oder was? Wenn man zu irgendeinem Zeitpunkt die Hälfte des Arbeitsmaterials wegschmeißt, ist das kein sparsames, sinnvolles Vorgehen.

    • 8G
      81331 (Profil gelöscht)
      @Sophie Kowalski:

      ...geht auch bei Hühnern. Wird im Bio-Bereich auch bereits praktiziert.



      Bei uns im Supermarkt gibt's z.B. Eier mit der Bezeichnung 'Sandy und ihre Brüder'. Die männlichen Küken werden nicht geschreddert, sondern aufgezogen.



      Es gibt auch wieder Hühnerhalter, die ihre Hühner in kleineren Gruppen mit jeweils einem Hahn leben lassen.

  • Ich esse schon lange keine Eier mehr

    • @Sven :

      Warum sollte man auch Hühnermenstruationssekret essen? Wäre doch sinnvoller, diese, also Menstruationssektet (OBs, oder Carefrees einfach ausdrücken, müsste funktionieren) von der eigenen Spezies zu konsumieren, zudem wäre es BIO (wenn die Frau Veganerin ist, ansonsten selbstverständlich nicht, da voller Antibiotika, Pestizide, Herbizide, Neonikotinoide, Schwermetalle (Quecksilber, Cadmium, Blei...), weitere kanzerogene Toxine...) und, für den einen oder anderen sicherlich recht interessant, mit einem hohen Einsparpotential verbunden! Viele werden jetzt sagen: bah, wie eklig... okay, dann bitte lieber Hühnermenstruationssekret schlecken! Guten Appetit!

  • Warum müssen wir einen Schritt in die richtige Richtung torpedieren ?

    • 8G
      81331 (Profil gelöscht)
      @Klartexter:

      ...das ist doch wohl eher ein Schritt zurück, oder seitwärts, aber keines Falls in die "richtige Richtung".

  • Auc die weiblichen Küken erwartet nicht das Paradies auf Erden, auch sie werden früher oder später geschlachtet.



    Hühner sind Nutztiere und werden letztlich alle geschlachtet.



    Ob das nun nach dem schlüpfen oder snach 30 Tagen passiert, macht keinen Unterschied.



    Wer das nicht will, sollte vegan leben.



    Diese Show dient letztlich nur der Gewissensberuhigung, ändern tut sich nichts.

  • Pervers, was wir anderen Lebewesen antun. Ohne guten Grund. Nie war es einfacher, vegan zu leben.

    • @Peer:

      Es ist keine Frage ob es einfach oder schwer ist vegan zu leben. Ich möchte einfach nicht vegan leben, fertig.

      • @charly_paganini:

        Dafür wird jeder seine Rechnung bekommen, früher oder später, und das ist auch gut so! Denn, so geht es LÄNGST nicht weiter, was "wir", ganz vorrangig den Tieren, als Folge (zu etwa 70% Ursache, somit Hauptursache) hungernden (2017: >810.000.000) und verhungernden/verhungerten (2017: ~20.000.000) Menschen (Säuglinge, Kinder, Erwachsene), sowie dem ganzen Planeten, hier sämtlichen Lebensgrundlagen allen Lebens antun!

        Somit gibt es ein Licht am Ende des Tunnels, welches endlich immer heller wird: "Alles, was der Mensch* den Tieren antut, kommt auf den Menschen* wieder zurück**" – Pythagoras

        *Omnivore/Vegetarier



        **verschiedene Krebsarten (insbesondere Brust-/Prostatakrebs, aufgrund Konsum von Milch/Milchprodukten, Stichwort: IGF-1 – Insulin-like growth factors – Insulinähnliche Wachstumsfaktoren), Herzinfarkt, weitere degenerative Herz-/Kreislauf-Erkrankungen, Schlaganfall, Demenz/Alzheimer, Arteriosklerose, Hypertonie, Diabetes [I/II], Adipositas (Fettleibigkeit… sehr ästhetisch), Osteoporose (insbesondere durch Konsum von Milch/Milchprodukten-> Übersäuerung-> Kalziumentzug), Arthrose, Gicht, multiple Sklerose, Allergien, Autoimmunerkrankungen, antibiotika-/multiresistente Keime / MRE (MRSA/ESBL…), usw….

    • @Peer:

      Das stimmt schon - dies Massentierproduktion ist schon pervers. Aber Pflanzen sind auch Lebewesen.

      • @Ralf Eckstein:

        Hat es einen bestimmten Grund, weshalb Sie solch einen Unsinn hier posten? Oder ist Ihnen schon bekannt, dass etwa 70% der Weltgetreideernte (90-98% der Weltsojaernte, etwa 340.000.000 Tonnen [gesamt etwa 360.000.000 Tonnen] und 50% andere Getreide) in den Futtertrögen von ~900.000.000 (Deutschland) / ~70.000.000.000 nichtmenschlichen Tieren landet?

        Info! „Effizienz“ Nahrungsmittel“-„Produktion“ tierlichen Ursprungs:

        Von 100 pflanzlichen Kalorien bleiben:



        a) Geflügel: 13 tierliche Kalorien über! Verlust: 87%!



        b) Schwein: 10 tierliche Kalorien über! Verlust: 90%!



        c) Rind: 3 tierliche Kalorien über! Verlust: 97%!

        Ursprüngliche Regenwälder, verstoffwechselt zu Exkrementen, CO₂ und CH₄, etc...!

        Info 2! Etwa 85% aller ursprünglichen Regenwälder („grüne Lunge“ der Erde) wurden in den zurückliegenden etwa 40 Jahren (nicht mal ein Bruchteil eines Atoms eines erdgeschichtlichen „Wimpernschlags“) unwiederbringlich vernichtet um - absolut vorrangig - Soja (GVO / jährlich rund 360.000.000 Tonnen / und andere Getreide) zu erzeugen (und - geringster Teil - Weideflächen zu schaffen), welches zu 90-98% in den Futtertrögen o. a. nichtmenschlicher Kinder & Säuglinge landet....Jährlich werden Ø 60.000 km2 (6.000.000 ha) Regenwald vernichtet, täglich Ø 400 km2 (40.000 ha). Entsprechend bis zu etwa 360.000 km2 (36.000.000 ha) innerhalb 6 Jahren. Gesamtfläche Deutschland: rund 360.000 km2! In den zurückliegenden etwa 40 Jahren, wurde Regenwald etwa einer Fläche von 2.400.000 km2 (240.000.000 ha) unwiederbringlich vernichtet! Millionen/Milliarden Tonnen/Liter Exkremente (v. g. nichtmenschlicher Kinder/Säuglinge), werden weltweit in die Umwelt gekippt! Aus diesem v. e. Soja könnten übrigens rund 510.000.000 Tonnen Nahrungsmittel hergestellt werden. Zur Erinnerung: täglich verhungern 6.000 - 43.000 Menschen (Säuglinge, Kinder, Erwachsene), jährlich, Jahr für Jahr und seit Jahrzehnten Ø 20.000.000!!!

        „Aber Pflanzen sind auch Lebewesen.” Mein Gott, wie dumm und peinlich!!!

        • @Unbequeme Wahrheit:

          Mir ist das alles bewusst. Das ändert aber nichts daran, dass Pflanzen auch Lebewesen sind und wir Lebendes töten müssen um zu überleben. Darum ging es mir. Wie ignorant von Ihnen, dass sie nicht mal versuchen das nachzuvollziehen.

      • @Ralf Eckstein:

        Ohjeee. Immer wieder dieses ausgeleierte dümmliche Argument.



        Schneiden Sie den Kopf eines Huhns und einen Salatkof ab. Mal sehen ob Sie den Unterschied dann wahrnehmen.

        • @Traverso:

          @Traverso - vielleicht wird in der Zukunft auch mehr über das Pflanzenwohl gesprochen, wenn wir mehr über sie wissen.

        • @Traverso:

          Warum soll es dümmlich sein, zu erwähnen dass Pflanzen auch Lebewesen sind? Wenn Sie sich mal mit den neuesten Forschungsergebnissen auseinander setzen, erkennen Sie dass Pflanzen auch kommunizieren, fühlen und vielleicht sogar denken können. Nur weil es kein Gesicht gibt, in das Sie schauen können, macht das Pflanzen doch nicht zu minderwertigen Lebewesen. Alles was wir essen, töten wir.

          • @Ralf Eckstein:

            Ja, sicher. Und die Erde ist eine Kugel und 1 + 1 ist zwei.



            Daß eine Pflanze ein Lebewesen ist brauchen Sie der Menschheit nicht zu erklären.



            Ein Tier hat wie der Mensch vor dem Tot Angst und möchte fliehen. Es leidet wie der Mensch und kann weinen und schreien. Ein empathischer Mensch sollte spätestens dann Mitgefühl haben.



            Ein Salatkopf flieht nicht, schreit nicht und weint nicht. Die Pflanze ist auch nicht tot wenn man diese abschneidet.



            Also, für Sie nochmal:



            Machen Sie den Test mit dem Salatkopf und dem Huhn.



            Sie werden sicher den Unterschied erkennen ! Ganz sicher !

            • @Traverso:

              Warum unterstellen Sie mir dass ich kein Mitgefühl hätte? Dass ich darauf hinweise dass auch Pflanzen Schmerz empfinden und kommunizieren verringert doch mein Mitgefühl für Tiere nicht. Sie haben mich wohl sofort in eine Schublade gesteckt und wollen sich überhaupt nicht damit beschäftigen dass Pflanzen eben auch fühlende Lebewesen sind. Darum ging es mir. Nicht darum dass Tiere das nicht wären. Ich könnte das Huhn nicht töten da ich so etwas nie gemacht habe und es nicht übers Herz bringen würde. Mir ist das doch bewusst. Ich denke nur eben dass sich unser Blick auf Pflanzen auch noch ändern wird wenn wir in der Zukunft noch mehr über sie wissen. Dass das gleich so eskaliert, wollte ich nicht.

  • 8G
    81331 (Profil gelöscht)

    ...Kücken schreddern, Ferkel ohne Betäubung kastrieren und Frau Klöckner (höchswahrscheinlich breit grinsend) verkündet „Das ist ein großer Tag für das Tierwohl in Deutschland!“.