Neue Studie zu sexueller Gewalt: Schulen haben Nachholbedarf
Zu wenig Einrichtungen tun genug gegen sexuelle Übergriffe. Zu diesem Ergebnis kommt eine Untersuchung des Jugendinstituts München.
![Schüler melden sich in der Schule Schüler melden sich in der Schule](https://taz.de/picture/3655620/14/Schule.jpeg)
Sein Vorstoß hat einen konkreten Hintergrund: Nach dem Abschlussbericht zur Prävention sexueller Gewalt an Kindern und Jugendlichen, den Rörig am Mittwoch in Berlin gemeinsam mit dem Deutschen Jugendinstitut (DJI) in München vorstellte, mangelt es vor allem in Schulen an solchen Schutzkonzepten. Nur etwa 13 Prozent der Schulen haben demzufolge ausreichende Präventionsstrategien gegen sexuellen Missbrauch. Diese Zahl ist genauso niedrig wie vor fünf Jahren, als das schon einmal untersucht wurde.
Seit 2015 hat das DJI in Schulen und Kitas, Heimen und Internaten, in Kliniken und Arztpraxen sowie in kirchlichen Einrichtungen untersucht, was dort gegen sexuelle Gewalt getan wird. Das sogenannte Monitoring ergab zwar, dass Kinder und Jugendliche in Schulen, Kitas und Heimen heute besser geschützt sind als noch vor ein paar Jahren. Trotzdem mangelt es flächendeckend an praktikablen Schutzkonzepten. So haben laut Untersuchung nur etwa ein Drittel der Heime bis heute Schutzkonzepte entwickelt. „Das ist vor allem in Einrichtungen mit vielen Kindern und wenig Personal ein Problem“, sagte DJI-Forschungsdirektorin Sabine Walper. Oftmals wüssten die Einrichtungen nicht, was genau sie tun müssen, um sexuelle Gewalt einzudämmen, sagte Walper.
Dunkelfeldanalysen gehen davon aus, dass in jeder Schulklasse etwa ein bis zwei Schüler*innen von sexueller Gewalt betroffen sind. Das Bundeskriminalamt spricht von über 12.000 Fällen allein 2018. Das sind nur bekannt gewordene Taten. „Viele Übergriffe werden aus Scham oder Druck innerhalb der Familie nicht angezeigt“, sagte Rörig. Rund die Hälfte der Missbrauchstaten findet in der Familie statt, etwa 10 bis 15 Prozent in den staatlichen und kirchlichen Einrichtungen.
Dramatisch seien laut Rörig die Übergriffe von Kindern und Jugendlichen untereinander. Die fänden mitunter schon in Kitas statt. In Heimen, wo viele Jugendliche aufeinandertreffen, sei das Problem gravierend.
Als dramatisch bezeichnete Rörig auch die Zunahme von Cybergrooming, das gezielte Anbahnen sexueller Kontakte im Netz, sowie die Masse an kinderpornografischem Material im Internet. Damit seien Bildungseinrichtungen vielfach überfordert. Erschwerend komme laut Rörig die Interaktion der Jugendlichen selbst hinzu: wenn Kinder und Jugendliche sexuell konnotierte Fotos von sich selbst machen und diese verschicken. Nicht selten werden solche Bilder später, wenn Beziehungen oder Freundschaften zerbrochen sind, unerlaubt im Netz hochgeladen. „Da ist dringender pädagogischer Bedarf“, sagte Rörig.
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