Neue Regeln für Online-Einkäufe: Gute Gründe für den Widerruf
Im Juni ändert sich wegen einer EU-Richtlinie das Widerrufsrecht bei Online-Einkäufen. Für Verbraucher hat das Vor- und Nachteile.
BERLIN taz | Verbraucher und Händler in Deutschland müssen sich auf neue Regeln zum Widerruf gefasst machen. Auf Grundlage einer veränderten EU-Richtlinie tritt am 13. Juni ein neues Verbraucherrecht in Kraft. Die neuen Regelungen sollen für EU-weit einheitliche Vorgaben sorgen.
Insgesamt hätten die Änderungen für beide Seiten Vor- und Nachteile, erklärt Andrea Frank, Juristin der Berliner Verbraucherzentrale. Kunden müssen künftig genau begründen, weshalb sie eine Bestellung widerrufen wollen. Das könnte vor allem retourintensiven Unternehmen zugute kommen.
Händler haben dann außerdem die Möglichkeit, das Porto für Rücksendungen einzufordern. Größere Unternehmen dürften von diesem Recht wohl kaum Gebrauch machen, sagt Frank. Sie können es sich leisten, auf die Portokosten zu verzichten. Für kleinere Firmen würde dies ein „echter Wettbewerbsnachteil“ sein.
Mit den Änderungen im Juni wird auch die Widerrufsfrist begrenzt. Hatten Kunden bislang bei fehlerhafter oder unterlassener Widerrufsbelehrung unbegrenzt Recht auf Widerruf, so ist diese Möglichkeit jetzt auf ein Jahr beschränkt. Ein klarer Nachteil für die Verbraucher, so Frank.
Keine voreingestellten Häkchen mehr
Doch es gibt auch Änderungen zugunsten des Verbrauchers. Denn auch für Verkäufer werden die Fristen kürzer. Derzeit dürfen sie sich noch bis zu 30 Tage Zeit lassen, den Warenpreis zu erstatten. Ab dem 13. Juni bleiben ihnen dafür nur noch zwei Wochen. Und: Wer beispielsweise über Internet oder Telefon einen Strom- oder Gasvertrag abschließt, hat bald das Recht, seine Bestellung zu widerrufen. Diese Möglichkeit war Verbrauchern bislang nicht bei jedem Anbieter gegeben.
Auch das sogenannte „opt out-Prinzip“ fällt weg. „Der Verbraucher muss alle Vertragsbestandteile positiv bestätigen“, sagt Andrea Frank von der Verbraucherzentrale. Er braucht also nicht mehr zu fürchten, „voreingestellte Häkchen“ zu seinem Nachteil vergessen zu haben. Sollten Zusatzangebote wie Garantien oder Transportversicherung vom Anbieter einmal doch automatisch in den Warenkorb gelegt werden, muss der Kunde dafür künftig nicht bezahlen.
Positiv bewertet Frank auch, dass Servicehotlines keine über das übliche Telefonentgelt hinausgehenden Gebühren mehr verlangen dürfen. Das gilt mit der Neuregelung auch für Telefonanbieter. Bislang hatten diese häufig auf besondere Serviceleistungen per Telefon Extragebühren erhoben.
In der Umstellungsphase rechnen die Verbraucherzentralen mit „Irritationen sowohl aufseiten der Verbraucher als auch bei den Händlern“, so Frank. Nicht zuletzt wegen der Neuregelungen ist nun jede Seite aufgefordert, sich über ihre Rechte zu informieren.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nahost-Konflikt
Alternative Narrative
Putins Atomdrohungen
Angst auf allen Seiten
Nach der Gewalt in Amsterdam
Eine Stadt in Aufruhr
+++ Nachrichten im Nahost-Krieg +++
IStGH erlässt Haftbefehl gegen Netanjahu und Hamas-Anführer
James Bridle bekommt Preis aberkannt
Boykottieren und boykottiert werden
Die Wahrheit
Der erste Schnee