Neue Probleme am Fluchhafen BER: Gestern die Decke, heute die Wände
Die Pannenserie am BER geht mit 600 mangelhaften Wänden weiter. Doch in der Senatssitzung ist das kein Thema
Die Opposition ist erstaunt bis verärgert. Doch der Senat mit dem Flughafen-Ausichtsratschef Michael Müller (SPD) an der Spitze gibt sich offiziell unberührt von den jüngsten Enthüllungen am Flughafen BER in Schönefeld. Während etwa die Grünen-Fraktion in den 600 falschen Brandschutzwänden „einen neuen Tiefpunkt im BER-Debakel“ sieht, war dieser jüngste Vorfall der rot-schwarzen Landesregierung in ihrer Sitzung am Dienstag keine Diskussion wert. „Das Thema BER hat heute im Senat keine Rolle gespielt“, sagte Regierungssprecherin Daniela Augenstein.
Der Chef der Flughafengesellschaft, Karsten Mühlenfeld, hatte am Montag im BER-Sonderausschuss des brandenburgischen Landtags den Eindruck erweckt, 600 Brandschutzwände – und damit jede sechste im BER – müssten eingerissen werden. Abends besserte die Flughafengesellschaft per Pressemitteilung nach: Nur ein geringer Teil davon – angeblich 30 – sei tatsächlich neu zu bauen, die anderen müssten bloß verstärkt werden. Zudem soll das Problem seit mindestens einem Jahr bekannt und in der Terminplanung für die BER-Eröffnung im zweiten Halbjahr 2017 berücksichtigt sein.
„Wenn es denn schon bekannt gewesen ist, warum hat man sich dann nicht längst darum gekümmert?“, reagierte die verkehrspolitische Sprecherin der Linksfraktion, Jutta Matuschek. „Ich reibe mir die Augen und staune immer wieder“, sagte Matuschek zu den neuen Enthüllungen auf der Schönefelder Baustelle.
Erst vor eineinhalb Wochen hatte die Flughafengesellschaft einen Baustopp verhängen und Teile des Hauptgebäude sperren müssen. Es hatte sich herausgestellt, dass mehrere Rauchgasventilatoren unter der Decke doppelt so schwer sind wie geplant.
„Müller muss liefern“, fordern die Grünen-Abgeordneten Andreas Otto und Harald Moritz in Richtung des Regierungschefs und Aufsichtsratsvorsitzenden. Aus ihrer Sicht geht es bei den BER-Problemen längst nicht mehr nur um die Entrauchungsanlage. „Am künftigen Hauptstadtflughafen ist offenbar nicht einmal das kleine Einmaleins der Bautechnik beachtet worden“, stellen Otto und Moritz fest. Sie fordern, dass unabhängige Bauexperten Pläne, Genehmigungen und „die gebaute Realität am Terminal“ überprüfen. Erst dann lasse sich entscheiden, was mit dem Gebäude geschehen soll, meinen die Abgeordneten.
Die frühere Grünen-Spitzenkandidatin Renate Künast, die im Wahlkampf 2011 einen Regionalflughafen favorisierte, hatte sich zuvor für einen Neubau ausgesprochen – direkt neben dem problembeladenen jetzigen Terminal. Linken-Politikerin Matuschek lehnt das ab: „Das hilft uns jetzt nicht weiter. Das sagen Leute, die nicht in der Verantwortung sind, das zu Ende zu bauen.“
Die Grünen-Fraktion, aber auch die mitregierende CDU will eine Aufklärung des Parlaments durch den Vorstand der Flughafengesellschaft und durch Aufsichtsratschef Müller. Am Dienstagnachmittag waren dazu im Abgeordnetenhaus aber noch keine Termine bekannt.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Israel demoliert beduinisches Dorf
Das Ende von Umm al-Hiran
Altersgrenze für Führerschein
Testosteron und PS
Etgar Keret über Boykotte und Literatur
„Wir erleben gerade Dummheit, durch die Bank“
Lang geplantes Ende der Ampelkoalition
Seine feuchten Augen
Telefonat mit Putin
Falsche Nummer
Rentner beleidigt Habeck
Beleidigung hat Grenzen