Neue Paramount+-Serie „Landman“: Öl-Boom in Texas
Die Serie „Landman“ erzählt vom Alltag der texanischen Ölindustrie. Auch die Kritik an fossilen Konzernen gelingt ihr.
Es ist mitten in der Nacht in der westtexanischen Wüste. Ein Arbeiter wird an einem Bohrloch schwer verletzt und muss ins Krankenhaus. Damit fehlt dem Team ein Mann. Weitergebohrt werden soll trotzdem. Als der Vorarbeiter darauf angesprochen wird, wie das zu bewerkstelligen sei, sagt er barsch: „Ich will Lösungen, keine Probleme.“
Diese Szene ist beispielhaft für die Paramount+-Serie „Landman“, die von der Ölindustrie in Texas erzählt und immer wieder steile Arbeitshierarchien in den Vordergrund stellt. Die Regeln gelten sowohl für ölverschmierte Arbeiter am Bohrloch als auch für Krisen-Manager Tommy Norris (Billy Bob Thornton).
Dieser ruft häufig seinen Boss Monty Miller (Jon Hamm) in Fort Worth an, der entweder mit Ehefrau Cami (Demi Moore) am Pool entspannt oder in Sitzungen mit anderen Milliardären über die Zukunft der Ölindustrie und die Bedrohung durch Umweltschützer diskutiert.
Der zehnteiligen Serie mit Starbesetzung liegt der preisgekrönte und von US-amerikanischen Feuilletons abgefeierte Podcast „Boomtown“ (2019–2020) zugrunde, der vom Alltag der Ölindustrie in Westtexas erzählt. Derzeit werden dort die mitunter größten Erdölressourcen in den USA gefördert.
Empfohlener externer Inhalt
Trailer, „Landman“
Breitbeinig mit Cowboyhut
Im Zentrum von „Landman“ steht der mit allen Wassern gewaschene Tommy Norris, der im Pick-up durch die Landschaft rast und ebenso mit Arbeitern, seinem Boss, den Behörden, Anwälten, Versicherungsfirmen oder auch mal mit Drogenkartellen verhandeln muss.
Wenn es zu einer Havarie kommt und ein Bohrloch in Flammen steht, muss er auch mal Hand anlegen und mit Hammer und riesigem Schraubschlüssel Leitungen zudrehen. Breitbeinig und mit Cowboyhut löst Tommy Norris die Probleme eines Ölmultis, gerät aber dadurch selbst immer wieder enorm unter Druck.
Drogenhändler drohen ihn zu ermorden und sein Boss verteidigt ihn nur halbherzig, wenn er mit einem Anwalt über den Golfplatz schlendert und wieder mal ein Schuldiger für irgendeine Misere gefunden werden muss.
Die Macht der Konzerne
Außerdem kommt dann auch noch Tommy Norris’ Teenager-Tochter Ainsley (Michelle Randolph) übers Wochenende mitsamt seiner Ex-Frau Angela (Ali Larter) zu Besuch, während sein Sohn Copper (Jacob Lofland) das College schmeißt, lieber am Bohrloch arbeitet und schnell Streit mit seinen Kollegen bekommt. „Landman“ erzählt anhand dieser Familiengeschichte und zahlreicher anderer Akteure pointiert vom Alltag der Ölindustrie in Texas.
„Landman“
ab 18.11. auf Paramount+
Das ist deshalb interessant, weil im boomenden Texas ein wichtiger Teil jener fossilen Infrastruktur steht und auch weiter ausgebaut wird, die im Zuge umweltpolitischer Debatten immer mehr in der Kritik steht.
Die Serie hat dabei durchaus einen kritischen Ansatz, zeigt die Macht der Konzerne, die sich auch mal Regeln zurechtbiegen, ganz nebenher Straßen bauen, dem Sheriff erzählen, was in seinem Bericht zu stehen hat und jegliche Kritik bei Verhandlungen mit Ortsansässigen um Bohrrechte im Keim ersticken.
Das weiße, selbstzufriedene Amerika
Damit gewährt diese Serie einen Blick auf das weiße, selbstzufriedene, von sich selbst überzeugte Amerika, das große Fleischportionen verdrückt und dicke Autos fährt – mitsamt dem dazugehörigen Sexismus. Gerade letzteres Thema wird in „Landman“ immer wieder kritisch aufgenommen, etwa wenn Anwältin Rebecca Savage (Kayla Wallace) in einer Szene die selbstgefällig sexistischen Anwälte der Gegenseite plattmacht.
Aber die Serie reproduziert auch eher unfreiwillig überkommene Geschlechterrollen, vor allem, wenn Tommy und Angela Norris ihre dysfunktionale Ehe wieder aufleben lassen. Streckenweise ist „Landman“ auch spannender Krimi-Thriller, der aber von etwas zu viel rauer Männlichkeit in einer bildgewaltig inszenierten texanischen Wüste dominiert wird.
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