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Neue Offensive in der Ostukraine„Generalmobilmachung“ angekündigt

Separatistenführer will in der selbst ernannten „Volksrepublik Donezk“ bis zu 100.000 Kämpfer mobil machen. Merkel gegen deutsche Waffenlieferung.

Prorussische Separatisten patroullieren im Panzer in Donezk. Bild: reuters

DONEZK/BUDAPEST afp/rtr | Für ihre Offensive in der Ostukraine haben die Separatisten in Donezk eine „Generalmobilmachung“ angekündigt. Es sei geplant, bis zu 100.000 Kämpfer in der selbst ernannten „Volksrepublik Donezk“ mobil zu machen, sagte Rebellenführer Alexander Sachartschenko am Montag der Nachrichtenagentur der Rebellen, DAN. Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) warf den prorussischen Rebellen in der Bild-Zeitung ein „verantwortungsloses Spiel mit Menschenleben“ vor.

Die Mobilmachung solle in zehn Tagen stattfinden, fügte Sachartschenko hinzu. Die Separatisten hatten vergangene Woche erklärt, sie wollten ihre Offensive in den Regionen Donezk und Lugansk ausweiten. Ein Großteil des Gebiets wird bis jetzt von Kiew kontrolliert.

Der ukrainische Militärsprecher Andrej Lyssenko erklärte, die Ankündigung der Separatisten bedeute, dass diese „kein Personal“ mehr und ihre Ziele nicht erreicht hätten, „nämlich die Einnahme der strategischen Stadt“ Debalzewe.

Steinmeier erklärte in der Bild-Zeitung: „Dass die Separatisten sich allen Gesprächen verweigern und jetzt erneut mit einer Großoffensive drohen, ist an Zynismus nicht zu überbieten.“ Alle, „die Einfluss auf die Separatisten haben, müssen dieser Kriegstreiberei jetzt ein Ende setzen“, forderte der Außenminister.

Vor allem Russland müsse jetzt zeigen, dass es ihm Ernst sei mit der Umsetzung der Vereinbarungen, die in der Kontaktgruppe und in der Berliner Erklärung der Außenminister getroffen wurden. Für eine politische Lösung könne „den Brandstiftern nicht das Feld überlassen“ werden, warnte Steinmeier.

Gefechte gehen weiter

Bei den jüngsten Gefechten zwischen ukrainischen Truppen und prorussischen Rebellen wurden nach ukrainischen Behördenangaben mindestens zwölf Menschen binnen 24 Stunden getötet. Darunter seien fünf Soldaten, teilte ein ukrainischer Militärsprecher am Montag mit. 29 weitere Soldaten wurden demnach verletzt, Armeestellungen seien mehr als hundert Mal beschossen worden.

Bei einem Rebellenangriff auf den Ort Krimske nordwestlich von Lugansk wurden zudem zwei Zivilisten getötet, wie der regionale Gouverneur Gennadi Moskal mitteilte, der auf Seiten Kiews steht. In der Rebellenhochburg Donezk wurde ein weiterer Zivilist in der Nacht zu Montag getötet, wie die Stadtverwaltung erklärte.

Nach Angaben des Kiew-treuen Polizeichefs von Donezk, Wjatscheslaw Abroskin, wurden zudem drei Zivilisten in Wuglegirsk nahe Debalzewe getötet. Eine Frau kam in Awdiiwka beim Flughafen von Donezk ums Leben.

Merkel gegen Waffenlieferung

Die USA erwägen einem Zeitungsbericht zufolge offenbar nun doch, die Ukraine mit Waffen zu beliefern. Wie die New York Times am Sonntag berichtete, sind sowohl Außenminister John Kerry, der am Donnerstag die Ukraine besucht, als auch Generalstabschef Martin Dempsey „offen“ für Gespräche über Waffenlieferungen an die ukrainischen Regierungstruppen.

Bundeskanzlerin Angela Merkel hat Waffenlieferungen an die Ukraine ausgeschlossen. „Deutschland wird die Ukraine mit Waffen nicht unterstützen. Ich bin fest davon überzeugt, dass dieser Konflikt militärisch nicht gelöst werden kann“, sagte sie am Montag in Budapest nach einem Treffen mit dem ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orban. Auch Orban sagte, dass sein Land keine Waffen an die Ukraine liefern werde.

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13 Kommentare

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  • Meine Güte... Wie sieht es aus mit den Zahlen der KriegsdienstverweigerernInnen in Ukraines West und Ost ? Die humane Moral und Ethik erzwingt m.E. KDV !

    Und wie sieht es aus für KDV in Kiew, in Donetsk/Luhansk etc?

    Es war Rede um junge Ukrainer die versuchen nach Polen oder Russland zu kommen.

    Aber Informationen darüber sind spärlich!

    Weiss jemand, hier im Forum, etwas über KDV in den Ukraine?

  • Na, Mutti, wie lange wirst Du diese Haltung bewahren? Die Rüstunsglobby wird Dich schon noch umstimmen. Es ist nur eine Frage der Zeit.

  • Der afp/rtr Text des Artikels erfüllt mich mit Schrecken ! Da sollen tausende junge Männer und Frauen, von denen die meisten nach dem Ende des Kalten Krieges geboren wurden, im Namen Alten Hasses (der im Grunde überwunden ist..) ins Joch des Militärs gezwungen werden um im Namen eines dummen, blödsinnigen und unnötigen Bruderkrieges einander zu töten, zu invalidieren !

    Das ist zum Kotzen!

    Seltsam ist, das die sog. `Friedensdiplomatie´ in überholter West/Ost, arroganter Rechtslogik festsitzt.. die Dummheit des Kalten Krieges beschwört..

    Anstatt den hässlichen Ukraine Konflikt durch friedliche Kooperation zwischen USA/EU/Eurasischer Union zu befrieden...

    Wo bleibt die `diplomatische Friedens- Intelligenz ab?

    • @vergessene Liebe:

      hihi... Herr Steinmeier sollte inzwischen, durch all die Spagatübungen der letzten Monate, als Ballettänzer kvalifiziert sein!

      Er könnte evtl. einen Job am Moskauer Bolshoj Ballett erfüllen?

      Und die süsse sexy Frau Merkel? Herr Putin hats ihr sowieso angetan.. wie wär´s mit den beiden?

  • Strategisch ist die Stadt Debalzewe wohl deswegen, weil die Truppe des Musterdemokraten Lyssenko sich dort hat einkesseln lassen. Das Beschießen von Wohngebieten und kommunalen Einrichtungen - die zivilen Opfer vergißt die taz sicher rein zufällig zu erwöhnen - durch Lyssenkos Truppe auch während des "Waffenstillstands" war der Gesprächsbereitschaft der Rebellen sicher nicht sehr zuträglich. Als Banderastan dann seine Offensive begann, fehlten des Biedermanns starke Worte von "Brandstiftern", "Zynismus" und "Kriegstreiberei". Korrekter weise müßte auch die taz jetzt von "Gegenoffensive der Rebellen" sprechen.

     

    Russland strebt Frieden an, aber nicht um den Preis, Novorossiya Lyssenkos bewaffneten Banden zu überlassen. Es wäre zur Abwechslung angesagt, dass Deutschland, EU und USA ihren Einfluss auf ihre Kreaturen in Kiew in Richtung Friedenswillen spielen ließen.

     

    Aber es scheint für den Westen nur die Option einer Kapitulation Novorossiyas zu geben. Um dann auf der Krim weiter zu machen. Doch so wird der Bürgerkrieg weitergehen: beide Seiten werden kämpfen bis zum letzten Ukrainer. (Nun ja, was man so hört fühlen viele der jetzt in der Restukraine Wehrpflichten doch eher weniger das Verlangen, sich von Lyssenko verheizen zu lassen.)

     

    Die Einheit der Ukraine ist nach über 5000 Toten und mindestens einigen 100 000 Vertriebenen Vergangenheit. Nicht der Donbas hat Krieg nach Kiew getragen, sondern Kiew hat den Krieg in den Donbas getragen anstatt den damals noch möglichen Kompromiss zu suchen. Es war nicht Russland, das in der Ukraine zu zündeln begonnen hat, es waren die USA und die EU indem sie ihre Kreaturen in Kiew an die Macht geputscht haben. Friedenspolitik, die Aussicht auf Erfolg haben will, muss dem Rechnung tragen.

     

    Das, was dagegen Biedermann Steinmeier von sich gibt, ist weitere kriegstreiberische Propaganda.

    • @h4364r:

      Die Leute, die du da als "Kreaturen" dehumanisierst... sind auch Menschen!

      Deren Fehler es war (und leider) immer noch ist, das sie Opfer intelligenter Verführung wurden! So sehr verführt und verblendet, das sie im Namen der Logik ihrer Verführung (als auch im Namen ihrer intelligenten Verführer), einen mörderischen Bruderkrieg gegen die `Unwilligen´im Donbass führen ! Und die `Unwilligen´ Menschen des Donbass und der Krim weigerten sich im Lichte ihrer eigenen Geschichte, den Verführten Kiews ( und deren intelligenten Verführern) zu folgen !

      Ich gebe dir recht: "Die Einheit der Ukraine ist... Vergangenheit" ..

      Was nun? Es wird gemunkelt, das nur friedliche Verträge zwischen USA/EU und der Eurasischen Union das Ukrainische Konfliktfeld des blödsinnigen/blutigen Bruderkriegs befrieden können..

      Und anzunehmen ist das die Krim als russisch verbleibt und der Donbass als ein neuer Staat entsteht! Die politisch/ökonomischen/kulturellen Zugehörigkeiten der neuen Konstellationen können durch Frieden, Handel, Annäherung (und durch Beendung des erneuten Kalten Krieges) total sekundarisiert werden...

      -----------

      Leider steht die Diplomatie zzt. still...

  • Die Ukrainer wollen Krieg. Am besten sieht man dass an der Besetzung des Militärministeriums durch die Aidar Faschisten. Die Ukr. Armee kommt unter die Räder und wird in 6 Monaten am Dnjepr stehen und 70 % des Donbass verloren haben. Mehr Waffen für die Ukraine bedeute richtige Aufrüstung für die Separatisten die aktuell mit eher bescheidenem Werkzeug ausgestattet sind.

    Putin hat immer die Möglichkeit einzumarschieren und dann ist das Thema Ukraine auf alle Zeit erledigt weil es dann keine Ukraine mehr gibt.

    • 4G
      4845 (Profil gelöscht)
      @Sierra :

      Falsch, es waren und sind die Imperialdiktatur USA und die Großmachtsdiktatur Rußland die diesen Bruderkrieg mutwillig vom Zaun gebrochen haben und weiterhin anfeuern in ihrer fortwährenden Konkurrenz um Einfluss in Europa.

  • Wäre die Ukraine tatsächlich an einen Frieden interisirt, würde sie die mobilisirung stoppen, ihr millitär zurückbeordern und kampflos und friedlich vor den Seperatisten kapituliern. Aber solange sie diese faschisten wären ist kein Frieden möglich und jeder Urkainische Soldtat, den die Völksarme tragischer weise Töten musste geht eigentlich auf das Konto der Ukraine, weil sie nicht bereit sind, für die Sicherheit Donzeks zu garantieren.

    Das ist keine offensive die die Seperatisten angekündigt haben, sondern eine befreiung und befriedung russischen Boden.

    • 4G
      4845 (Profil gelöscht)
      @Wandel:

      Ja, man sieht, Propaganda ist eben immer in beiden Richtungen möglich...

  • Solange Putin noch Geld in die Kasse hat, wird er weitermachen mit diese Wahnsinn. Erst wenn alles vernichtet ist, inklusive sein eigene Volk wird er aufhören.

     

    Die Russen müssen sich selber von diese Barbarische Regime befreien. Die Russen haben ihm nicht verdient, können ihm aber auch nur selber entfernen.

    • @anton philips:

      Im Gegensatz zu Deutschland. "Wir" haben unser Regime verdient und können es auch nicht entfernen.

      • @friedjoch:

        Da bin ich nicht mit einverstanden. Schaue wie die Demokratische Prozess in Thuringen funktioniert hat. Es kann überall klappen. Nur die Wille muss da sein!

        Ich bin alles andere als ein Unterstützer Der Linke, aber wenn die Mehrheit das bringt ist es OK:

        Diese "Freiheit" haben die Russen leider noch nicht. Aber nur die können es schaffen es dorthin zu bringen.