Neue Musik aus Berlin: Uhrpendel mit Meerblick
Aus „Schleifen“, dem zweite Album des Duos Ludwig Wittbrodt, spricht die Freude am Epischen. Free Jazz trifft auf Elektro, Unruhe meets Melancholie.
L udwig Wittbrodt hat keinen Pass, sondern ist das Duo Emily Wittbrodt und Edis Ludwig. Sie spielt Cello, er Laptop und Schlagzeug. Dieser Tage erscheint das zweite Album, „Schleifen“. Der Auftakt „Fischer“ lässt an ein Uhrpendel mit Meerblick denken und wird zur Meditation auf vier Saiten. Im Titel „Tulpen“ treffen Elektronikechos aus den zukunftsfrohen 70ern auf einen Cello-Loop, darüber sind Klänge wie von einem Akustikbass gelegt.
Ludwig Wittbrodt ist ein seltsames Paar. Sie kommt von der Akademie und vom Free Jazz, er aus der Rockmusik, die er sich selbst beigebracht hat. Im Klangbild von Ludwig Wittbrodt treffen die Liebe zum Detail und die Freude am Epischen aufeinander.
Das Tape-Album-Debüt von 2020 bringt es mit vier Stücken auf 43 unruhige Minuten, zu denen auch eine Stimmimprovisation gehört. Das instrumentale „Schleifen“ umfasst in 37 Minuten sechs Stücke und eine Reprise.
Das kürzere Album wirkt kompakter: „Freibad“ atmet die menschenfreundliche Melancholie eines Sommertags. Das anschließende Titelstück ist eine untergründig angeheizte Unruhe. Sie schraubt sich gemächlich aus dem Halbschlaf hoch und mündet in weißem Rauschen. In „Volcano“ schläft ein Krater.
Den Punkt setzt Ludwig Wittbrodt mit einer sonnenschweren Elegie und nennt sie „Flamenco“. Das Wort hat eine verworrene und umkämpfte Geschichte. In jedem Fall aber Ursprünge im Unsteten. Ob nun Mensch oder Flamingo, darf in der Schwebe bleiben.
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