Neue Musik aus Berlin: Kaum erforschter Stil

Die Kritik verkannte Telemann, doch sogar Bach schrieb bei ihm ab: Antoine Tamestit gibt mit „Viola Concertos“ Einblick in sein galantes Werk.

Georg Philipp Telemann, Valentin D. Preisler nach einem Gemälde von Ludwig Michael Schneider (1750)

Georg Philipp Telemann, Valentin D. Preisler nach einem Gemälde von Ludwig Michael Schneider (1750) Foto: Von Valentin Daniel Preisler/ Wikimedia Commons

Telemann. Warum Telemann? War das nicht dieser langweilige Barockkomponist? Mit dem Namen Georg Philipp Telemann verbinden sich, wenn überhaupt, eher abwehrende Reaktionen.

Dabei war der Zeitgenosse Johann Sebastian Bachs einer der produktivsten und erfolgreichsten Komponisten seiner Epoche. Was später zur Ablehnung beitrug. Vielschreiber und so.

Besonders deutsche Musikwissenschaftler im 19. Jahrhundert, die das Genie zum Wesen erhoben hatten, warfen Telemann angeblichen mangelnden Ernst vor. Und schrieben ihn konsequent in Grund und Boden. „Abgeschmackt“, „flach“, „ermüdend“ waren Adjektive, mit denen man ihn versah.

Dass sogar Bach ganze Kantaten bei ihm abgeschrieben hat, die von den Kritikern Telemanns gelobt wurden, egal. Die Neigung, skeptisch auf alles zu reagieren, das nicht den heavy Teutonenvibe Bachs hat, ist bei manchen Musikfreunden heute noch zu beobachten.

Georg Philipp Telemann: „Viola Concertos“ (Harmonia Mundi), Antoine Tamestit, Akademie für Alte Musik Berlin; Konzert: 28. 4., 20 Uhr, Konzerthaus Berlin

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Telemann pflegte einfach einen galanten „internationalen“ Stil. Er verfolgte die Entwicklungen etwa in Frankreich und Italien und verarbeitete sie in seinen Werken.

Der Bratschist Antoine Tamestit und die Akademie für Alte Musik Berlin, klare Fürsprecher Telemanns, geben mit Bratschenkonzerten, Ouvertüren und Solofantasien einen kleinen Einblick in diesen kaum erforschten Kontinent.

Dessen Rezeption lief erst nach dem Zweiten Weltkrieg an. Hier hört man, diskret virtuos interpretiert, nichts Flaches, dafür elegante Leichtigkeit, die Luft zum Atmen lässt.

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Jahrgang 1971, arbeitet in der Kulturredaktion der taz. Boehme studierte Philosophie in Hamburg, New York, Frankfurt und Düsseldorf. Sein Buch „Ethik und Genießen. Kant und Lacan“ erschien 2005.

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