Neue Ideen für den Straßenverkehr: Rücksichtsvolles Radeln
AnwohnerInnen der Maaßenstraße in Tempelhof-Schöneberg machen Vorschläge, wie die Straße zur stadtweit ersten Begegnungszone werden kann.
„Wir müssen den Autoverkehr so lenken, dass er unattraktiv für die Autofahrer wird – den Fußgängern gehört die Stadt!“, sagt ein Anwohner der Maaßenstraße in Tempelhof-Schöneberg. Er ist einer von rund 85 TeilnehmerInnen der Bürgerversammlung in der Finow-Grundschule, zu der der Bezirk am Montag geladen hatte. Gesammelt werden sollten Vorschläge für die stadtweit erste „Begegnungszone“. Weitere Ideen, die die TeilnehmerInnen gemeinsam erarbeiteten, sind weniger Parkplätze, eine schmalere Fahrbahn, mehr Pflanzen, mehr Fahrradstellplätze sowie die Installation von Sitzmöbeln.
Das Ziel der Umgestaltung der Maaßenstraße ist, dass sich FußgängerInnen künftig sicherer fühlen und gern in der Straße aufhalten. Die Verkehrsteilnehmer sollen einander im Blick haben und aufeinander Rücksicht nehmen – Autos sollen die Begegnungszone dabei nicht dominieren, aber auch nicht ausgeschlossen werden.
Die Berliner Bezirke hatten bei der Senatsverwaltung 33 Vorschläge für Zonen eingereicht, die für das Modellprojekt infrage kommen könnten. Die Maaßenstraße ist nun das erste von drei Projekten, das die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung im Rahmen der 2011 beschlossenen Fußverkehrsstrategie zum Thema „Begegnungszone“ ab 2014 umsetzten möchte. Weitere Zonen sind die Bergmannstraße und der Bereich um den Checkpoint Charlie in Kreuzberg. In der Bergmannstraße sollen die Planungen 2014 beginnen, beim Checkpoint Charly 2015.
Das Konzept der Begegnungszone folgt der Idee des „Shared Space“ und bedeutet „gemeinsam genutzter Raum“. Die Idee wurde von dem niederländischen Verkehrsplaner Hans Monderman in den 1980er Jahren entwickelt und in mehreren europäischen Städten umgesetzt. Verkehrsschilder, Ampeln und andere Barrieren werden dabei abgebaut, alle Verkehrsteilnehmer sind gleichberechtigt.
Trotz des Versuchs, die AnwohnerInnen bei der Ideenfindung zu beteiligen, fühlen sich einige TeilnehmerInnen am Montag überrumpelt: Da der Senat die neue Begegnungszone bereits im Herbst nächsten Jahres umsetzen will, sind aufwendige Umbauten angesichts der aktuellen Haushaltslage nicht möglich. „Es fühlt sich nach einer halben Lösung an“, sagt eine Anwohnerin.
Eine weitere fühlt sich nicht richtig ernst genommen, da die Möglichkeiten zur Mitbestimmung sehr eingeschränkt seien. Es wäre besser, sagt sie, wenn die BürgerInnen zunächst eine Vision erstellen könnten – und wenn danach gezeigt werden würde, was finanziell realisierbar ist.
Für alle gilt Tempo 20
Bestimmte Wünsche, wird jedenfalls gleich klar, werden nicht machbar sein: Ein separater Fahrradweg etwa ist nicht möglich, weil es eine generelle Geschwindigkeitsbegrenzung auf Tempo 20 geben soll – und eine eigene Spur für FahrradfahrerInnen dazu verleiten würde, zu schnell zu fahren.
Die AnwohnerInnen der Begegnungszone sollen schon am Eingangsbereich erkennen, dass sie sich in einem solchen Bereich befinden. „Dafür kann ich mir zum Beispiel vorstellen, Säulen am Eingangsbereich oder eine grüne Fahrbahn zu gestalten“, sagt Horst Wohlfarth von Alm, der in der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung für die Fußverkehrsstrategie zuständig ist. Wie viel Geld für die Pilotprojekte zur Verfügung gestellt wird, konnte Wohlfarth von Alm am Montag noch nicht sagen.
Im Bezirk sind weitere Bürgerbeteiligungen geplant – eine Befragung von Kindern und Jugendlichen etwa, die die Maaßenstraße als Schulweg nutzen. Die Ergebnisse der Beteiligungen sollen Anfang nächsten Jahres ausgewertet werden, bevor dann die Pläne zur Umgestaltung vorgestellt werden.
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