Neue Forschungsinitative: Lahme Schnecken
Die Agentur für Sprunginnovation sollte längst ihre Arbeit aufgenommen haben. Die offizielle Gründung steht in der Jahresmitte an.
Als die beiden zuständigen Minister für Forschung und Wirtschaft, Karliczek und Altmaier, im August den Kabinettsbeschluss für die Innovationsagentur vorstellten, war noch ein Start zum Jahresende 2018 vorgesehen. Die Agentur solle „Innovationsakteuren die finanziellen Mittel und Freiräume eröffnen, um bahnbrechende Ideen in die Anwendung zu überführen“, hieß es damals. Als Budget wurde 1 Milliarde Euro für zehn Jahre in Aussicht gestellt. Im Herbst meldete sich der Bundesrechnungshof zu Wort. „Als Förderinstrument sollten rückzahlbare Zuwendungen genutzt werden“, empfahlen die Finanzkontrolleure für die Mittelvergabe der Agentur. „Zudem sind eine größtmögliche Transparenz über die Tätigkeit der Gesellschaft und angemessene Aufsichtsmöglichkeiten für den Bund sicherzustellen“, forderte der Rechnungshof.
Für die USA stand bei der Etablierung ihrer Einrichtung zur Förderung bahnbrechender Erfindungen ein technikhistorischer „Urknall“ Pate: der Start des sowjetischen Sputnik-Satelliten im Jahr 1957. Um den Wettlauf ins Weltall nicht zu verlieren, gründeten die USA neben der Raumfahrtbehörde Nasa auch die beim Verteidigungsministerium angedockte Innovationsagentur Darpa. In ihren Denkstuben wurde unter anderem das Internet ersonnen, am Beginn 1967 als internes Computernetzwerk von drei kalifornischen Universitäten, berichtete der heutige Darpa-Chef Brian Pierce. Heute hat seine Ideenschmiede 100 Mitarbeiter und kann im Jahr 2,5 Milliarden Dollar für innovative Projekte verteilen.
Wie die Förderung beim deutschen Pendant ablaufen soll, ist weiterhin unklar. Anstatt die Gelder wie bei den herkömmlichen Projektträgern des BMBF antragsbezogen zu verteilen, sprach Meister nun von der Gründung und Unterstützung innovativer Startups, die ihre Geschäftsideen dann in weitgehender Freiheit für den Markt entwickeln sollen.
Viel wird auch vom Kopf der neuen Agentur abhängen, seiner Fähigkeit zu disruptivem Denken und seiner Durchsetzungsfähigkeit gegenüber innovationsaversiven Beharrungskräften. Hierüber soll eine Gründungskommission befinden, die offenbar auch erst zur Jahresmitte gebildet wird. Meister blieb hier im Vagen.
Sattelberger warnte dringend, diese Position als Versorgungsstelle für altgediente Wissenschaftsfunktionäre zu missbrauchen. „In diesem Fall“, so der Parlamentarier, „hätten wir dann ein großes Problem.“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Elon Musk torpediert Haushaltseinigung
Schützt die Demokratien vor den Superreichen!
Stockender Absatz von E-Autos
Woran liegt es?
Die Linke im Bundestagswahlkampf
Kleine Partei, großer Anspruch
Bundestag bewilligt Rüstungsprojekte
Fürs Militär ist Kohle da
Pro und Contra Letzte Generation
Ist die Letzte Generation gescheitert?
Grüne über das Gezerre um Paragraf 218
„Absolut unüblich und respektlos“