Neue EU-Ratspräsidentschaft: Von Brexit und Nexit
Finanzkrise, Flüchtlingskrise, Brexit und jetzt auch noch Nexit haben die Niederländer bei ihrer EU-Ratspräsidentschaft zu bewältigen.

Auch im Jahr 2016 wird die EU-Agenda im Zeichen von Terror-Bekämpfung und Flüchtlingsfrage stehen. Die fragile wirtschafliche Lage und der drohende EU-Austritt Großbritanniens komplettieren das sensible Koordinatensystem der niederländischen Präsidentschaft. Im EU-Parlament in Brüssel betonte Koenders zuletzt, die Niederlande wollten im kommenden Halbjahr die Einheit unter den Mitgliedsstaaten fördern.
Jenseits offizieller Rhetorik allerdings spiegelt schon die Agenda Den Haags die Brisanz dieses Vornehmens wider. Neben den Prioritäten „Wachstum, Arbeitsplätzen und Innovation“, dem „Aktivieren und Beschützen der EU-Bürger“ und einer zukunftsgerichteten Klima- und Energiepolitik setzt man auch auf eine klare Aufgabenteilung.
Europäische Zusammenarbeit, wo sie vermeintlich wirkungsvoll ist, ansonsten aber mehr Befugnisse für nationale Parlamente. Eine „besser funktionierende EU“ nennt man das im Umfeld der Regierungspartei VVD. Premier Mark Rutte hat um seine Vorlieben für eine EU auf Diät noch nie einen Hehl gemacht.
Unlängst gab er vor Journalisten unumwunden zu: „Wenn das EU-Parlament meckert, weil es zu wenig Gesetzesvorschläge bekommt, dann jubele ich.“ Die Präsidentschaft seiner Regierung wird sich mit der Frage beschäftigen müssen, wieviel common ground noch vorhanden ist.
Angesichts der Brexit-Debatte und der Bruchlinien zwischen der Alt-EU und den östlichen Mitgliedsstaaten gilt es enorme Zentrifugalkräfte zu bändigen. Von der euroskeptischen Konjunktur zeugt nicht zuletzt die unangefochtene Stellung der rechtspopulistischen Partij voor de Vrijheid. Seit Monaten liegt sie in allen Umfragen weit vorne. Ihr europäisches Programm umfasst fünf Buchstaben: „Nexit“.
Frans Timmermans, einst niederländischer Außenminister und heute Vizepräsident der EU-Kommission, sagte unlängst bei einer Lesung in Amsterdam: „Zum ersten Mal in meinem bewussten Erleben der europäischen Zusammenarbeit denke ich, dass sie wirklich stranden könnte.“
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Macrons Krisengipfel
Und Trump lacht sich eins
Maßnahmenkatalog vor der Bundestagswahl
Grünen-Spitze will „Bildungswende“
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
USA und Russland besetzen ihre Botschaften wieder regulär
Frieden in der Ukraine
Europa ist falsch aufgestellt
Die Neuen in der Linkspartei
Jung, links und entschlossen
Gentrifizierung in Großstädten
Meckern auf hohem Niveau